Maltes Blogbeitrag „Das Koffein in meiner Blutbahn das macht mich leicht und frei“ hat mich mit auf die Idee gebracht, die Kaffeewoche zu starten; zu seinem Beitrag muss ich aber einfach auch Dampf ablassen. Ich meine dabei nicht, sein Lob auf das Bohnengetränk; auf die Stilisierung zum täglichen Grundbedürfnis. Es geht um die ewige Diskussion „Kette“ „ja“ oder „nein“. Es geht um die Verdammung von etwas Großem – nur weil es groß ist. „Warum geht du zu Starbucks?“ „Weil es schmeckt“. Diese alte Raucherlüge kann es aber nicht sein, warum dennoch Scharen zur Großkette rennen, um dort freiwillig mehr Geld auszugeben, als beim Bäcker um die Ecke.
Die Gründe sind vielfältig; vor allem simpel. Auf der einen Seite ist der Mensch ein Gewohnheitstier. Da kommt es ihm natürlich recht – dass alle Starbucks-Filialen gleich aufgebaut sind. Eine Gewohnheit haben aber alle gemeinsam: Jeder will individuell sein. Individualismus wird von Starbucks zelebriert. Hier drückt keine Bäckerei-Fachverkäuferin den braunen Tchibo-Pappbecher an einen Automaten und fragt ob es dazu noch Milch und Zucker sein darf. Der Starbucks-Kunde steht vor der ständigen Überforderung. Welche Milch? Kaffeegetränk? Espressogetränk? Small? Medium? Grande? Venti? Flavor? Extra Shot? Sahne? – ach und dann noch Gebäck und Platz für extra Milch? Ich glaube: Jeder hasst und liebt diese penetrante Überforderung bei einer Kaffeebestellung. Es ist einfach noch mal schön – da nehmen sich mindestens zwei Starbucks-Partner Zeit für mich und machen den Kaffee genau so, wie ich ihn möchte. Sie bereiten ihn zu – ich schaue genau hin und genieße die Ruhe, die mich für ein paar Minuten vom Alltag trennt.
Aber dann diese ewige Diskussion. Und das möchte ich hier noch vorweg anmerken: Ich beziehe mich nicht explit auf die Diskussion in Maltes Kommentaren, sondern nehme sie zum Anlaß. Starbucks ist eine Kette. Ketten sind groß. Groß ist böse. Also gehe ich nicht hin. Es gehört heute zum hippen Ton alles was Indipendent ist toll zu finden, und im Small Talk die persönliche Verachtung über Ketten zu äußern. In der Diskussion, die auf Maltes Beitrag folgt, gibt es einen Diskussionsverlauf, wie er ständig abläuft.
Was mich stört? Hier findet eine Generalverallgemeinerung statt. Schubladen stecken und denken. Schnell noch ein paar Indi-Kaffees auftreiben, damit das Bild wieder stimmt. Mir gefällt Brittas Anmerkung: „… die großen bösen ketten, die auch ich ja ob ihrer beschränkten kreativität so liebe, es ganz im amerikanisch-kapitalistischen service-sinne nicht als komplizierten sonderwunsch auffassen, wenn man lieber soja als kuh geschäumt haben möchte und sämtliche milchsorten allzeit bereitstehen haben, während das in kleineren cafes – das wunderbare garbo u.ä. natürlich ausgenommen – doch schnell mal zum problem wird.“ Und hier ist genau der Punkt. Ich würde mich nie dazu hinreißen zu sagen, dass Indie-Cafés besser sind als Starbucks; oder eine beliebige Kette. Jedes Indie-Café ist anders. Es gibt wunderbare kleine Kaffeehäuser – wie zum Beispiel die Röstbar. Die muss man einfach lieben. Anders ist das bei Ketten – wie Starbucks. Da weiß ich einfach, was ich bekomme, was mich erwartet. Ich weiß, dass ich nicht schlechtes bekomme. Auch wenn die Filialen alle gleich aussehen, weiß ich genau, was am Ende in meiner Tasse landet. Vondaher ist die „Gute Kette – Böse Kette“-Diskussion auf dieser Ebene für mich total bescheuert. Für einige scheint es mehr Style zu sein – hier Position zu beziehen. Ach, wie oberflächlich. Der hier geschlagene Milchschaum bewegt sich eindeutig jenseits von 85C Betriebstemperatur. Am Ende zählt doch eh nur das, wie man sich in der Magengegend fühlt, wenn man das Kaffeehaus seines Vertrauens verlässt.
Malte meint
nun, mir ist bewusst, dass das in der kommentardiskussion nicht so ganz klar geworden ist. daher: es geht um mehr als um guten kaffee oder darum, indie-cafs aus stil- oder welchen gründen auch immer persönlich besser oder schlechter zu finden. ich gehe zum starbucks, weil ich auf die kaffees dort stehe. weil es eben doch mehr ist, als 200 mililiter filterkaffee (allerdings auch dafür das dreifache kostet)\nwas mich stört ist, dass ketten wie starbucks und hundert andere nun mal dazu beitragen, die gastronomie immer gleichförmiger zu machen. nicht nur in einer stadt, sondern weltweit. nirgendwann ist auch in einem fremden land (oder auch auch nur einer fremden stadt) der weg zu starbucks der erste, den man einschlägt. ohne zu wissen, ob man nicht ein ganz wundervolles kleincaf verpasst hat. aus diesem grund sind mit derlei franchises einfach unsympathisch. \nstarbucks ist die einzige dieser ketten, die ich nicht boykottiere, und das ist schizophren, ich weiß. es mag daran liegen, dass ich – anders als bei irgendwelchen imbißketten – das gefühl habe, etwas für mein geld zu bekommen. vielleicht aber auch nur daran, dass ich auf eine sorgsam durchgestyltes corporate identity reinfalle.
Malte meint
tippfehler im eintrag, da versehentlich zu früh abgeschickt – sorry.
Carsten meint
Ich kann mich Malte nur anschließen – mir geht es weniger darum, dass die großen Kette ja alle ach so böse sind. Starbucks macht nun mal guten Kaffee und hat deswegen eben auch seine Daseinsberechtigung. Aber es wäre eben schön, wenn die Leute ihr Geld etwas bewusster ausgeben würden. Das Problem ist ja, dass alle gerne kleine nette Cafs und Geschäfte in der Stadt haben möchte, aber dann eben doch bei Starbucks ihren Kaffee trinken, bei H&M ihre Klamotten kaufen, und beim Billo-Bäcker ihre Brötchen. Dann darf man sich auch nicht wundern, wenn langsam jede Innenstadt gleich aussieht.
britta meint
carsten hat natürlich recht, wobei in der aufzählung aber auffällt, dass starbucks generell durch hohe preise auffällt, während man zu h+m und den sb-bäckern gerade wegen der niedrigen preise geht. trotzdem alles eine schiene. seltsam.
daniel meint
Carsten, ich denke die Leute geben ihr Geld bewußt aus. Und wenn es bewußt wenig ist, siehe bei den Discount-Bäckereien oder H&M. Aber um diese Ketten geht es hier ja sowas von überhaupt nicht. Kleine Cafs die richtig gut sind, die sind auch immer total voll. Es gibt aber auch nur mittelmässige. Die sind eher weniger voll. Klar, dass die es schwer haben – aber ich würde dann Starbucks nie vorwerfen Schuld zu haben, nur weil S. gut ist.
Carsten meint
Genau um die Ketten ging es mir aber in meinem Kommentar. Diese fortschreitende Gleichförmigkeit kann doch keiner wirklich wollen.
Was das Geld ausgeben angeht, da sind denken die Leute sicherlich nach, aber eben aus ihrer Perspektive – ist ja auch logisch. Aber es wäre aber eben auch gut, mal nachzudenken, bei wem das Geld ankommt, das man da ausgibt.
Dass kleine Cafs nicht automatisch gut sind, ist auch klar. Und wenn „die Guten“ dann voll sind – um so besser. Ich habe übrigens im Münsteraner Starbucks noch nie einen Kaffee getrunken, weil immer alles besetzt war, wenn ich reingeschaut hab…