In den letzten zwei Wochen war es hier deswegen etwas ruhiger, weil ich zwei Wochen Sendung hatte. Das war sehr schön, macht mich aber abends dann doch immer unheimlich müde und die restliche freie Zeit habe ich mich mit einem Küchenrohrbruch in der Wand rumgeärgert und ganz fein improvisiert programmiert, dazu aber bald mehr.
Was mich aber in letzter Zeit ganz oft geärgert hat, ist ja das Lebenslaufföhnen. Ganz ungerecht muß ich für einige Sätze alle neuen Bachelor-Studenten in einen Topf werfen: Mir geht das Polieren, Puschen und Glattföhnen des Lebenslaufes ganz schön auf den Keks. Als ich ganz frisch im Diplom- und Magister-Umfeld war, ist mir das bei meinen Mitstudentis überhaupt nicht in dieser Intensität aufgefallen. Zwar gab es schon die zweite Generation Praktikum und das ungeschriebene Gesetz, ein Jahr im Ausland studieren zu müssen, aber ich hatte nicht den Eindruck, jede Aktivität wurde nur auf Basis einer knallharten Berechnung begonnen: Was bringt mir das in meinem Lebenslauf?!
Heute gilt: Möglichst viel, möglichst alles, möglichst in kurzen Zeitabschnitten mit möglichst geringem Aufwand. Das Sammeln von Erfahrungen bleibt auf der Strecke; es gilt, möglichst breit-breit aufgestellt zu sein. Hauptsache es liest sich gut. Das geht mir auf den Keks. Eigentlich könnte es mir egal sein. Nur mit welchem Ziel machen die das? Um einen total hippen Job zu bekommen? Meine These: In dem Tempo und der Oberflächigkeit wird der Traumjob doch von der Generation Föhn glatt verpasst.
(Frage: Gibt es eigentlich schon einen richtigen Begriff für diese Generation Föhn?)
britta meint
recht hast du, natürlich. nur fehlt mir bei dir ein bisschen die gute alte schuldfrage. die bachelorleute kommen ja nicht von alleine drauf, sich so unter druck zu setzen. es gibt immer die paar, die das alles zum glück nicht nötig haben (weil sie stattdessen mal eben so ein podcastbuch aus dem ärmel schütteln, nebenbei steile radiokarrieren hinlegen und mit allen medienheinis auf du und du sind – und es sei ihnen gegönnt, weil sie’s halt draufhaben), aber die allermeisten tun sich schwerer damit, ohne existenzangst einfach mal zu machen. wer mit 20 weiß, dass das mit der rente wohl nichts mehr wird und immer wieder eingetrichtert bekommt, dass bis dahin jede kreative „lücke“ mehr schadet als nützt, dem kannst du das föhnen nicht unbedingt vorwerfen.
daniel meint
Ja, die Schuldfrage fehlt. Weil ich genau danach frage – wieso denn das so ist. Weil, vor zwei, drei Jahren war das bei uns nicht. Und mit uns meine ich da auch eher alle und nicht „die paar“, die du da jetzt rausgekramt hast. Natürlich ist Orientierung wichtig. Aber was ich bemängele: Die Orientierung bringt dir doch nichts, wenn du keine Zeit zum Orientieren hast, weil du schnell schon zur nächsten Orientierung mußt und gleichzeitig dich für die übernächste schon bewerben mußt.
Raphael meint
Ich glaube fast, dass es sich genau andersrum verhaelt. Es ist gar nicht (nur) der Markt der nach der Breite fragt, vielmehr sind es die Studenten (oder Auszubildenden) die glauben unter dem Druck der Mitstudenten Stand halten zu muessen.
Jeder Arbeitgeber wird sich ueber einen roten Faden im Lebenslauf freuen und diesen einem unentscheidungsfreudigen Arbeiter vorziehen. Natuerlich ist es schwer frueh den richtigen Weg zu finden, da auch die Jobs immer schnelllebiger werden. Aber bringt man eine Grundflexibilitaet mit, so ist es meiner Meinung nach nicht wichtig an wie vielen Orten man schon welch verschiedene Arbeit machen durfte und wie breit man sich dabei gefaechert hat. Die gestellten Aufgaben gilt es gut zu erfuellen. Denn man schuettelt auch kein Buch aus dem Aermel (siehe oben) wenn man glaubt auf Teufel komm raus Vielseitig sein zu muessen. Dazu braucht man die GRUNDflexibilitaet. Nach meiner Erfahrung lautet das Stichwort also „Roter Faden“. Und den glaunbe ich auch beim Autor entdeckt zu haben.