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The New Yorker schickt weniger Newsletter
Wenn eine Medienmarke etwas gegen den Trend macht, dann werde ich sehr neugierig. Seit dem Herbst verschickt The New Yorker weniger Newsletter und ist damit sehr erfolgreich. Das Geschäft mit neuen Digitalabos wächst stärker und weniger bestehende Subscriber kündigen. Was steckt dahinter?
Intro: Wie Podcasts erleben Newsletter seit ein paar Jahren eine neue Popularität. Richtig eingesetzt, spielen sie eine zentrale Rolle beim Audience Development — nur wenige andere Kanäle ermöglichen eine ähnlich starke Bindung zwischen Absender und Empfänger.
Vorweg etwas Geschichte #Tagebuchbloggen: Ich erinnere mich noch, als Medien die Newsletter vor ein paar Jahren wiederentdeckten. In vielen Fällen lief das über die Redaktion. Denn auf einmal sprachen alle über das Morning Briefing des Handelsblatts. Der Chefredakteur persönlich schrieb es – jeden Morgen, sehr ausführlich, sehr meinungsstark. Und sehr erfolgreich. Klar, das wollten andere Chefredakteure auch. Viele neue Formate entstanden, immer mehr Chefredakteure tippten fleißig zu frühen Morgenstunden – nur einige mussten erst intern Überzeugungsarbeit leisten.
Denn häufig stieß der Chefredakteur mit einem Vorschlag in der Produkt-Entwicklung auf eine kühle Reaktion: Wenig Interesse. „Newsletter haben wir doch schon ewig“ oder „Die werden kaum gelesen und noch weniger geklickt“ war zu hören. Tatsächlich haben viele Nachrichtenseiten zig Newsletter schon seit Jahren im Einsatz. Leser können sich die neusten Artikel zu bestimmten Themen schicken lassen. Wenig Aufwand, weil automatisiert. Aber auch wenig erfolgreich. Die guten alten Linkschleudern.
Gelernt: Weniger ist oft mehr. Eigene Texte gewinnen gegen automatisierte chronologische Artikellisten. Persönliche Newsetter aber, am Besten mit einer festen Person als Absender sind Trumpf. Alles was für ein Blog gilt, gilt auch für Newsletter: Die Mischung aus Kurieren, persönliche Einordnung und ein inklusiver Leserschaftsumgang machen die super erfolgreichen Formate aus.
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Stand der Dinge: Dieses Wissen dient als Grundlage der Newsletter-Strategien der meisten Medien inzwischen. Die Spitze zieht die Umsetzung konsequent durch. Aber dann gibt es noch ein großes Mittelfeld. Diesen Formaten können wir ansehen, wie Erfolgsfaktoren bei der Formatentwicklung mit dem redaktionellen Ressourcenmangel (Budget & Zeit) in Konkurrenz treten müssen und ausgehandelt werden. Statt des Chefredakteurs, schreibt ein Team aus drei Leuten wechselnd. Wegen neuer Projektaufgaben hält der Newsletter-Autor den persönlichen Anteil sehr kurz. Und schon bei normaler Redaktionslast, fällt die Leserschaftsinteraktion meist aus. Das Persönliche kommt zu kurz und so wird auch aus dieser Idee irgendwann Routine und wirkt dann wiederum irgendwann auch ein wenig automatisiert. Kündigungswillige zahlende Subscriber werden so eher nicht umgestimmt. Die emotionale Bindung zwischen beider Seiten des Newsletters wird nicht gefördert und Neu-Abos profitieren auch nicht in der Form, wie sie könnten.
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Welche Entwicklung der Newsletter-Formate aufkommen und sich etablieren, das ist die wirklich spannende Fragestellung. Die ist mit guter Wahrscheinlichkeit auch deine Motivation diesen Text zu lesen. Kürzlich bin ich bei Digiday auf ein Thema gestoßen, das solch eine Entwicklung verspricht: Das Magazin The New Yorker verschickt weniger Newsletter und ist damit erfolgreicher. Gleich zwei Mal hatte ich beim Lesen des Einstiegs ein „Aha?“ im Kopf. Weil gefühlt viele Publisher ihre Newsletter-Angebote vergrößern. Und: weil es ungewöhnlich im Social-Media-Zeitalter ist, mit weniger mehr zu erreichen. Was stekt dahinter?
Ein frischer Blick über den Teich: Der New Yorker hat sein Engagement für Newsletter verbessert, indem er die E-Mail-Frequenz reduziert und Inhalte angepasst hat. Leser*innen eines Themen-Newsletters erhalten einen passenden Text aus der kostenpflichtigen (und am Folgetag erscheinenden) Ausgabe des New Yorkers vorab zum Lesen. Diese im August gestartete Strategie führte bisher zu deutlich höheren Seitenaufrufen und einer längeren Verweildauer auf der Website. Die Newsletter des New Yorker, insbesondere diejenigen, die zahlenden Abonnenten frühen Zugang und exklusive Inhalte bieten, steigerten die Konversionsraten der Abonnenten. Insgesamt zielen diese Änderungen darauf ab, die Leserloyalität zu erhöhen und das Abonnentenwachstum zu fördern.
Die konkreten Änderungen:
- Reduzierung der Newsletter von 18 auf 10.
- Fokussierung auf weniger, aber dafür qualitativ hochwertigere E-Mails.
- Einbindung von exklusiven Vorabtexten in den Newslettern.
- Früher Zugang zu bestimmten Inhalten für Abonnenten.
- Bereitstellung exklusiver Inhalte für zahlende Abonnenten.
- Anpassung der Newsletter, um besser den Interessen der Leser zu entsprechen.
- Vereinfachung des Designs und Layouts für eine leichtere Lesbarkeit.
- Verstärkter Fokus auf die Umwandlung von Lesern in Abonnenten.
Was wir mitnehmen können: Das Strategie-Update für die eigenen Newsletter des New Yorkers kommt uns doch bekannt vor: Weniger Ausgaben, aber dafür höheren redaktionellen Aufwand. Als Ersteindruck kam mir das komisch vor. Schon vorher war genau dieses Prinzip am bisherigen Newsletter-Konzept der Medienmarke ablesbar. War das am Ende also doch kein potentieller neuer Trend, sondern nur ein alter Hut?
Zu jeder guten Strategie gehört nicht nur der Veröffentlichungs-Teil, sondern auch die regelmäßige Erfolgsmessung und der dann folgenden ergebnisorientierten Veränderung der Strategie, um die wichtigsten strategischen Ziele der Medienmarke zu erreichen. Mit seinem Newsletter-Update hat der New Yorker eine Iteration seiner digitalen Strategie vorgenommen – ist dabei aber sogar noch weiter gegangen. Auch die Erfolgskennzahlen (KPIs) standen auf der Prüf-Liste. Außerdem vermute ich von außen eine weitere Leitfrage bei dieser Iteration: Wie konsequent haben wir unsere Strategie bisher umgesetzt, oder sind wir aus irgendwelchen Gründen am Ende doch nur im Mittelmaß unterwegs?
Wenn wir genauer hinsehen: Erfolg für die Medienmarke auch über das Format hinaus entsteht nicht durch regelmässige Überprüfung der KPIs, sondern durch die Bereitschaft diese an neue User-Entwicklungen anzupassen und dann ganz selbstlos das komplette eigene Angebot zu überprüfen. Alles steht auf dem Prüfstand. Statt Kompromisse wegen der Arbeits-Realität an der Format-Qualität zu erlauben, sind alternative Methoden entscheidend, wie das Reduce-to-the-Max(imum)-Prinzip: Statt nur das Verhältnis von Aufwand und Nutzen zu prüfen oder gar dem Spruch „viel hilft viel“ zu vertrauen, denke ich in der Analyse nicht nur Wachstum, sondern auch Reduktion mit.
Wenn ich für ein besseres Ergebnis bei einem Newsletter-Ziel deutlich mehr Aufwand reinstecken muss, sollte ich prüfen, ob ich das Gesamtangebot nicht verkleinern kann, um bei gleichem Aufwand insgesamt immer noch bessere Ergebnisse im Vergleich zum aktuellen Status quo zu erhalten. Was gerne in Newsrooms übersehen wird: Nicht nur die Menge an Arbeitskraft sorgt für ein besseres Ergebnis, sondern auch eine effektivere oder qualitativere Nutzung der Arbeitszeit. Im Ergebnis heißt das: Weniger ist manchmal tatsächlich wirklich mehr.
P.S.: Meine Newsletter-Strategie für das Blog ist schon seit der Einführung (ich sage mal) maximal reduziert. Es gibt einen kostenlosen Newsletter, der erscheint sonntags mit einem inspirierenden Input zum Wochenwechsel. Mal kurz reingucken? Aber wer weiß, vielleicht wächst mein Newsletter-Angebot in den kommenden Wochen ja. Dann fange ich schon mal an, gegen den Strom zu schwimmen. Das werden andere dann ja auch immer ein wenig neugierig.
„Eine neue Version dieses Internets“
Weniger Social-Traffic, weniger Google-Traffic. Woher kommen denn dann künftig unsere Besucher? Ich mag es ja, wenn die Theorie durch die Praxis mit einem schönen aktuellen Beispiel bestätigt wird. Letzte Woche schon mit der Kleinen Algorithmenkunde in der Praxis, heute habe ich ein Praxisbeispiel für neue Traffic-Quellen gefunden, die ich am Wochenende in meinem „Blogs neu denken„-Beitrag beschrieben habe.
Theorie: Es werden wieder häufiger Webseiten direkt über die Adresszeile aufgerufen – wie hier und da zu lesen ist und sich bestimmt demnächst auch in Studien niederschlägt. Wenn Blogs wieder bloggiger werden, haben sie eine gute Chance wie der Lieblings-Podcast oder der Lieblings-Newsletter zur Lieblings-Webseite einiger Nutzer zu werden. Die kommen immer wieder, nutzen das Format intensiver – und steuern es fast schon automatisch beim Klick auf die Adresszeile an.
Für die, die eher etwas lockerer mit eurer Webseite verbunden beiben wollen, sind die neuen Social Media ein guter Ort. Konkret: Ihr könnt eure Blogs und Webseiten an das dezentrale Social-Media-Netzwerk Fediversum anschließen. Als eigene Instanz agiert ihr auf Augenhöhe mit anderen Instanzen wie Mastodon oder künftig Threads. User anderer Netzwerke können euren Inhalten folgen. Der Vorteil: Wir pflegen nicht mehr einen Kanal auf einer Plattform, von der wir abhängig sind und die am Ende mehr profitiert als wir.
Praxis: The Verge setzt beide Lösungen um. Einmal ist die Startseite seit dem Relaunch bloggiger (siehe: Unser Blog soll schöner werden (4): Heute mit The Verge). Digiday berichtet jetzt: Die Gruppe der loyalen Leserschaft ist im vierten Quartal 2023 um 47% im Vergleih zum ersten Quartal des Jahres gestiegen. Dazu gehören alle, die mindestens fünf Mal im Kalendermonat die Seite besuchen. Die Verweildauer ist im gleichen Zeitraum von im Schnitt 6:39 Minuten auf 8:10 Minuten gestiegen. Außerdem bereitet The Verge vor, sich dem Fediversum anzuschließen. Chefredakteur Neil Patel sieht in den Versprechungen der dezentralen Netzwerke die Lösung der aktuellen Distributionsproblem. Medien seien endlich keine Zulieferer mehr.
Warum setzt The Verge auf das Fediversum, auch wenn dort noch nicht der Mainstream ist? Weil das Netz gerade im Umbruch ist. Grundsätzliche Mechanismen die uns über Jahre oder Jahrzehnte begleitet und die Art wie wir digital publizieren beeinflusst haben, verlieren massiv an Bedeutung. Wie groß dieser Umbruch ist, zeigt das Zitat von Neil Patel:
„Man sollte auf Menschen setzen, die neue Dinge schaffen, neue Probleme lösen und begeistert sind, eine neue Version dieses Internets zu finden.“
Vermutlich hat er recht: Wir können gerade zusehen, wie eine neue Version des Internets entsteht. Aber nicht nur das. Wir können sie sogar mitgestalten.
Am Rande: Vor einem Jahr kündigte Verge-Mutter Vox Media an, das eigene CMS Chorus gegen WordPress VIP einzutauschen. Im Nebensatz erfahren wir bei Digiday: Der Umstieg soll erst im kommenden Jahr komplett sein, also nach zwei Jahren. 2 Jahre!
Internet neu denken: Blogs
Ja, das Comeback der Blogs ist da – wir sind mitten drin. Zeit, das wir uns die nächste Frage stellen: Was machen wir draus?
Warum mich das Thema fasziniert: Als 2022 die Blog-Nutzung von 5 auf 10 Prozent anstieg (Deutschsprachige, die mindestens einmal wöchentlich ein Blog nutzen) und vor ein paar Monaten die Nutzung für 2023 auf dem Niveau bestätigt wurde, in der Zwischenzeit viele Texte das Comeback der Blogs erklärten, das Thema auch in einigen Trend-Vorhersage zum Jahreswechsel auftauchte, und dann auch noch mit gängigen Trend-Modellen (alle 20 Jahre wiederholt sich ein Trend, es gibt ein Comeback) erklärt werden konnte, dachte ich: Okay, das Comeback der Blogs ist da. Aber was machen wir draus? Wieder ein paar mehr Artikel im eigenen Blog veröffentlichen? Das kann doch nicht alles sein.
Aus meinem Newsletter. Sonntags neu.
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Stand der Dinge: Nach Youtube-Videos sind Blogs die größten Erklärer im Netz. Immer wenn Menschen etwas lernen oder wissen wollen, suchen sie das passende Youtube-Video raus oder landen via Google auf einen Serviceartikel in einem der unzähligen Produkte-Blogs. Wer was mit Internet macht, bietet für seine Produkte oder Services ein Blog an, um Thema, Produkt und Bestcases, sowie vor allem Vergleich-Tests mit Konkurrenz-Angeboten zu posten (wer da wohl gewinnt).
Meine Beobachtung: Wie oft wir Blogs tatsächlich nutzen, ist uns gar nicht bewusst. In Gedanken hängen wir an den Zeiten der guten alten Tagebücher, Fach- & Watchblogs. Viele Lieblingsblogs werden nicht mehr gepflegt. Mit WordPress’ Weltherrschaft stieg die Komplexität des Bloggens, soziale Netzwerke liefen in Sachen Postings und Interaktionen Blogs den Rang ab. Am Ende sind viele Blogs zu Artikel-Ablagen geworden
Was sich ändert: Aber da sind dann diese For-You-Feeds à la TikTok die bei Facebook, Instagram & Co. immer wichtiger werden und Follower eines Accounts somit massiv an Bedeutung verlieren. Dazu äußern viele den Frust über häufige Algorithmen-Veränderungen und dass die eigenen Inhalte schnell verpuffen.
Gut, dass die Blogs ihr Comeback haben. Die können wir nutzen, um auf die aktuellen Entwicklungen im Medienwandel zu reagieren.
7 Stellschrauben die unsere Blogs wieder großartig machen
- Wie ein Lieblings-Podcast ohne Tonspur. Ist dein Blog einfach ein Ort zum Schreiben? Wie siehst du es? Das macht einen großen Unterschied. Was macht großartige Podcasts aus? Sie haben prägende Gastgeber, die ihre Hörerschaft mit einbeziehen und diese hören jede Episode – die Mediennutzung ist ritualisiert. All das hat auch die Blogs der ersten Generation ausgemacht. Die Social-Komponenten sind aber verfolgen. Wenn wir unsere Blogs wie einen Lieblingspodcasts ohne Tonspur produzieren, können wir das wieder ändern.
- Mit der richtigen Frage wieder regelmäßig bloggen. Sich „was habe ich interessantes für meine Leser“ statt „Ich müsste mal wieder einen Artikel verfassen – nur wozu?“ zu fragen, ist mein super Trick, um wieder regelmässig zu veröffentlichen. Der Auftrag „Artikel schreiben“ klingt nach viel Arbeit. Für Aha-Momente bei der Leserschaft zu sorgen, ist Motivation.
- Leser*innen sichtbar machen. Nicht vergessen: Blogs waren die erste Form von Social-Media. Austausch und Interaktion müssen die meisten Blogs wieder lernen. Vielleicht auch neue Formate ausprobieren. Für Blogs ist mehr drin, als ein aktiver Kommentarbereich und das „Neueste Kommentare“-Widget in der Sidebar. Wenn Leser*innen merken, dass sie nicht alleine stöbern (wie in einer Bibliothek, jeder für sich), sondern gemeinsam mit vielen anderen lesen (wie ein Radioprogramm oder Podcast hören), dann sorgen Blogs für ein Lesegefühl das auf eine sehr loyale Audience einzahlt, wie es andere Inhalte-Seiten nicht im Ansatz schaffen.
- Die eigene Rolle neu definieren. Wenn wir schon hinterfragen, wie wir unser Blog sehen, sollten wir auch uns selbst hinterfragen. Bin ich ein Blog-Autor oder ein Blog-Gastgeber? Das macht einen großen Unterschied. Statt das Buch zu schreiben, auf das niemand wartet, drehen wir unsere Perspektive um 180 Grad. Wir treffen unsere Entscheidungen mit den Geschmäckern und Vorlieben unser Gäste im Kopf, damit die sich wohlfühlen und eine gute Zeit haben. Gute digitale Formate mit einer hohen Relevanz für ihre User informieren, unterhalten und bieten Companionship.
- Themen anders erzählen. Weg von der Artikel-Denke. Einleitung, Hauptteil, Schluß. Ja nicht vergessen, die passende Kategorie zur Ablage auszusuchen. Es geht besser. Wir können direkt in ein Thema rein. Oder einen Link zu einem früheren Beitrag setzen und anschließen. Oder einfach nur ein Link zu einem Artikel, Podcast oder Video veröffentlichen und einordnen. Viele Themen leben für mehrere Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre. Wir können sie mit vielen unterschiedlichen Darstellungsformen, passend zur jeweiligen Entwicklung, begleiten. Tags/Schlagworte bündeln alles und es entsteht von alleine eine Chronologie.
- Es darf auch kurz sein. Das klang eben schon durch, aber ich will es noch mal wiederholen weil es eine hohe Wirkung hat. “Ich bin wegen der kurzen Texte hier”, dachte ich kürzlich, als ich reflektierte, wie ich meine Lieblingsblogs nutze. Längere Texte lese ich selten direkt. Mich ziehen die kurzen Postings rein. Tja, und im eigenen Blog fällt die Kürze schwer. Ein ganzer Absatz mit einer Beschreibung, den ich auch einfach durch einen Link auf einen anderen Beitrag hätte ersetzen könnte. Oder durch ein Zitat. Ich muss nicht immer alles einführen, regelmässige Leser*innen sind im Thema und neue erschließen sich das nach wenigen Besuchen. Nebenbei werden sie in der Zwischenzeit vielleicht sogar als regelmässige Leser*innen überzeugt.
- Sich vernetzen. Auch Blogs sollten sich wieder stärker vernetzen. Substack und Beehiiv katalysieren Wachstum durch Vernetzung-Galone. Das hat die alte Blogosphäre auch ausgemacht. Das war die Grundlage für Discovery und Audience-Growth. Ich wünsche mir zwar nicht Ping- und Trackbacks zurück, aber eine modernere Form der guten alten Blogroll-Linkliste sollte mindestens dazu gehören. Urblogger und Podcast-Erfinder Dave Winer experimentiert gerade mit neuen Blogroll-Features und träumt sogar vom Entstehen eines sozialen Netzwerk der neuen Art.
Es ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis es neue Ideen oder Features rund um Leser-Interaktionen oder die Blog-Vernetzung gibt. Das ist noch nicht zu Ende gedacht. 20 Jahre nach dem Entstehen der Blogs haben wir auch ganz andere Rahmenbedingungen, die neues ermöglichen.
7 Vorteile wieder mehr bloggiger zu sein
- Surfgewohnheiten bedienen: Traffic durch Suchmaschinen und soziale Netzwerke verlieren ihren Status – da wird direkter Traffic wichtiger. Das Gute: Lebhafte Blogs zahlen auf die Surfgewohnheiten vieler User ein. Neben der Kommunikation in privaten Gruppen und Berieselung durch For-You-Feeds haben digitale Formate mit einer Relevanz die Chance einen Platz in der regelmässigen Mediennutzung zu ergattern. Regelmässiges Posten (“Was gibt es wohl neues?”), ein Gastgeber und Interaktion (Companionship) und hier und da etwas überraschendes (Unterhaltung) tragen dazu bei.
- Lieblings-Newsletter, Lieblings-Podcast … erst empfahlen wir uns gegenseitig Netflix-Serien, dann Podcasts und inzwischen auch Newsletter. Lebhafte Blogs können zu diesem exklusiven Club des Mouth-to-Mouth-Marketings dazugehören. Wetten wir empfehlen uns bald gegenseitig häufiger Blogs?
- Die Community — Followerschaften spielen bei Instagram und Facebook künftig immer weniger eine Rolle, die Inhalte werden von Content-Algorithmen ausgewählt. Mit unseren Social-Media-Kanälen erreichen wir zwar viele neue User, aber nicht mehr unsere Audience. Das Community-Building findet auf eigenen Kanälen statt. Neben Newsletter und Podcasts bieten sich Blogs an. Viele Influencer machen das schon vor.
- Unerwartetes, aber gutes entsteht. Mit dieser Erfahrung stehe ich nicht alleine da: Man kann zwar nicht planen, was sich aus dem Blog und die damit verbundene Öffentlichkeit ergibt, aber irgendwas passiert immer. Die besten Projekte oder beruflichen Möglichkeiten haben sich aus den Anfangsjahren meines Blogs ergeben.
- Vom Archiv profitieren. In den letzten Wochen ist mir das immer wieder aufgefallen. Auf so manche alte Beiträge kommen nach wie vor viele Besucher. Die Arbeit, die ich in einen Blogbeitrag stecke zahlt sich so viel mehr aus, als die für ein Social-Media-Posting. Außerdem macht es spaß, im eigenen Archiv zu stöbern.
- Unabhängig sein. Plattformen zu bespielen bedeutet auch immer Abhängigkeit – von den Regeln des Betreibers. Dem waren wir uns bei sozialen Netzwerken immer bewusst, aber erst in letzter Zeit bekommen immer mehr diese Abhängigkeit zu spüren. Einer wichtigsten Blog-Vorteile: Kein Algorithmus entscheidet, ob ein Beitrag überhaupt bei den Followern ankommt. Wie jede Newsletter-Ausgabe in der Inbox oder Podcast-Episode im Podcatcher landet, jeder Blogbeitrag erreicht die Leser. Dann können sie selbst entscheiden, ob sie lesen wollen oder nicht.
- Auf das neue Social Web vorbereitet sein. Die Zukunft von Social Media ist dezentral. Threads schließt sich dem Fediversum an und Dienste wie Mastodon kommen in den Mainstream. Das Tolle: Blogs können selbst zur Instanz im Fediversum werden. Ganz neue Verbreitungs- und Kommunikationswege entstehen. Und als Instanz im Fediversum spielt man auf Augenhöhe mit Mastodon oder Threads. Abhängigkeiten spielen dann keine Rolle mehr. Ghost bereitet für seine Blogs eine Anbindung an das Fediversum vor. Für WordPress gibt es bereits eine (die allerdings noch nicht perfekt funktioniert). Auch Flipboard schließt sich dem Fediversum an. Unsere Blogs werden dann zum Hub unserer Inhalte – abonnier- und konsumierbar über das dezentrale Social Web. Da entsteht was großes neues.
In meinem Blog findet ihr die Reihe “Unser Blog soll schöner werden”. In den bisher sechs Teilen besuche ich Blog-Urgesteine, aber auch ganz neue Webprojekte, um mir Details anzuschauen, die Blogs ausmachen.
Der Text erschien zu erst in meinem wöchentlichen Newsletter. Sonntags schicke ich einen Gedanken, ein Update und drei Links zum Inspirieren. Hier kannst du dich für die nächste Ausgabe anmelden.
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Re: Heute in einem Monat wird ICQ eingestellt. Nach 28 Jahren. Oh oh.
Eine Internet-Legende. 2014 mit dem Goldenen Blogger noch ausgezeichnet in der Kategorie „bester nichtgenutzter Messenger“. Zehn Jahre später ziehen die aktuellen Eigentümer den Stecker. Vor 20 Jahren war das noch mein WhatsApp. Hier im Blog gibt es mehr als 20 Beiträge – bis 2005. Meist war ICQ das Transportmittel für Funstücke, über die ich bloggte.
- fiene & icq user aufgepasst! – der Wurm Bizex machte im Messenger die Runde (Februar 2004)
- fiene & icq ohne werbung – auf der Suche nach einem werbefreien Zugang (Dezember 2003)
Die Webversion von ICQ ist noch online. Allerdings kann ich mich nicht einloggen, weil ich das Passwort nicht mehr weiß — und die Passwort-Vergessen-Funktion gibt es schon nicht mehr. Wer weiß, vielleicht hätte ich noch ein paar Fundstücke fürs Blog in ungelesenen Nachrichten finden können.
Blog-Backstage-Blick
Vier Links, um meinem Blog zu folgen:
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Neu: Neue Bilder für Social-Media-Linkvorschau. Wenn ein Beitrag kein Bild hat, zogen sich bisher die verlinkenden Seiten mein Profilbild und zoomten es ran. Unschön. Jetzt gibt es eigene Bilder für die Linkcards. Nicht nur eins für das Blog, sondern auch für die wichtigsten Themen. So wird es mit den Links zum Blog in euren Feeds nicht langweilig. Zumindest optisch.
Neu: Einzelseiten mit Beitrags-Feeds. Ich lese Blogs gerne über die Startseite – aber die meisten Leser*innen kommen direkt auf die Einzelseiten der Beiträge. Je nach Länge des Texts sind die aber auch schnell durch. Es folgt das Kommentarfeld. Ab und zu die Kommentare und dann ist Schluß. Da wir Scrollen inzwischen so stark gewöhnt sind, ist der Impuls das Blog wieder zu verlassen vermutlich stärker, als sich über die Seitenleiste das nächste Ziel auszusuchen. Auch wenn man gerne noch was lesen würde. Ich habe deswegen etwas vorbereitet: Unter den Kommentaren auf den Beitragsseiten findet ihr jetzt die neusten Beiträge — wie auf der Startseite.
Top: Beitrag der Woche ist Kleine Algorithmenkunde und die Fortsetzung Kleine Algorithmenkunde in der Praxis.
Flop: Die Activepub-Erweiterung, die das Blog an das Fediversum anschließt, will wirklich bei mir nicht funktionieren. Der Webfinger wird nicht sichtbar. Sogar die Programmierer haben aufgegeben für diesen Fehler, der ab und zu bei einigen Serverkonfigurationen auftritt, eine Lösung zu finden. Meh. Solange das nicht gelöst ist, findet ihr mich halt altmodisch mit einem eigenen Account bei Mastodon.
Next: Blogroll, Newsletter-Umzug zu Beehiiv und viel Podcasting.
David meint
Hey und herzlichen Glückwunsch ihr beiden! Ich drück euch die Daumen, ihr hättet es verdient. 🙂
Super find ich, dass Marcel R.-R. unter den Newcomern zu finden ist. Wie er das wohl finden wird? 😉