Es kommt derzeit keine Konferenz ohne eine Wikileaks-Diskussion aus. Die hier, war die beste, die ich je gesehen habe! Auch Igor meinte zu dem Über-Durchschnitts-IQ auf dem Podium: „What an Old-Boys-Club mit Eloquenz.“ Eine sehr dichte Diskussion. Den einzigen Kritikpunkt den man teilen könnte: „Hier geht es um Journalisten, die ihren Job sichern möchten.“
Wikileaks: The Website That Changed the World? (Programm)
Carne Ross (Exec Dir/Independent Diplomat) kritisiert, dass die Zeitungen gar nicht mit den ganzen Informationen umgehen können. Er habe mit verschiedenen Redakteuren gesprochen und die sprachen davon, dass sie selbst mit Suchmaschinen arbeiten, um das Material durchforsten zu können. Hinzu kommt, dass Zeitungen eine News-Agenda haben und nach Schlagzeilen suchen, sodass es leicht passieren kann, dass sie Meldungen missinterpretieren. The Guardian und Co. sollten nicht die Hüter der Daten sein, da es Einrichtungen gibt, die diese ganzen Daten sehr gut gebrauchen könnten.“Wenn ich Informationen leaken würde, würde ich das nicht bei Wikileaks machen. Wenn man sich anschaut, wie dort Entscheidungen getroffen werden, ist das unverantwortlich.“ Ross fordert mehr Transparenz bei Regierungen. Es sei interessant, wie Leute in den USA behaupten, es gebe keine Neuigkeiten in den Depeschen. Das sei absolut lächerlich. Ross bezeichnet Wikileaks als außerordentliche Bedrohung für Regierungen, aber auch für Zeitungen. Er zeichnet kein gutes Bild von Julian Assange: „Er ist unglaublich süchtig nach Schlagzeilen“ Selbst-Promotion und Transparenz gehen nicht Hand in Hand. Auch wenn Ross nicht sehr konstruktiv argumentiert, hat er eine Idee: „Ich würde ein Netzwerk aus Gatekeeper-Experten über das Internet rekrutieren und ein Gesetz fordern, welches das „sharen“ vertraulicher Daten ermöglicht. Katz vom Guardian fragt Ross, wie er die Experten rekrutieren möchte. Ross: „I don’t have all the answers.“ Ok.
Ian Katz (Deputy Editor/The Guardian) hat, bevor der Kontakt abbrach, mit Julian Assange nur über verschlüsselte Chats kommuniziert. The Guardian hat junge Daten-Journalisten von Wikileaks übernommen, da deren Fähigkeiten wichtig für deren Berichterstattung waren. Als bei der Diskussion die Kritik an Assange sehr deutlich wurde, beschwichtigte Katz: „Wir sind jetzt zu streng mit Julian Assange. Er hat versucht die Mechanismen zu vereinfachen und den Geheimnisverrat sicherer zu machen.“
Issandr El Amrani (Journalist / Blogger / The Arabist): Cablegate hat die Kluft offengelegt, zwischen dem, was die Führer des Mittleren Ostens ihrer —ffentlichkeit sagen, und wie es tatsächlich ist. Die Medien im Mittleren Osten sind viel stärker an den Inhalten der Depeschen interessiert als an irgendwelchen Wikileaks-Meta-Schlagzeilen. El Amrani ist somit nicht der einzige, der kritisiert, dass Guardian, Spiegel & Co. derzeit die Hoheit über die Depeschen haben.
Sarah Ellison (Contributing Editor/Vanity Fair) glaubt, dass Julian Assange sich für die Partnerschaft mit der New York Times entschied, da die Zeitung unabhängig sei. Ross reagierte entsetzt: „Die NYT hat jede einzelne Depesche zum State Department getragen, bevor sie diese veröffentlicht hat. Das nennen Sie Freiheit?“
Stephen Engelberg (Managing Editor / ProPublica) hofft, dass es in den USA künftig kein Official Secrets Act wie in Großbritnannien gibt. Britische Publikationen seien unter dem Druck dem Official Secret Act nachgeben zu müssen: „We don’t have that. We can publish everything.“ Er bedauert, dass wenn Ian Katz etwas veröffentlicht, er zu jeder Zeit verklagt werden kann. In den USA kann die Regierung den Geheimnisverräter verklagen und nicht den Journalisten. Der Guardian hat deswegen intensiv mit der New York Times zusammengearbeitet, um diesem Problem zu entgehen. Engelberg bezeichnet Julian Assange als Journalisten. Er sammelt Informationen und veröffentlicht sie. Manchmal mit Partnern, manchmal auf seiner Webseiten.
Eine Juristin aus dem Publikum kritisiert, dass man in den USA nur zwei Möglichkeiten hat, um Informationen zu verraten: Entweder geht man zur Presse oder zum Kongress-Abgeordneten. Sie wünscht sich mehr Möglichkeiten.
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