Turi2 feiert gerade, das Ende der Homepage entdeckt zu haben und teilt dabei gegen die Konkurrenz aus. Es gibt Repliken, aber viel wichtiger halte ich eine andere Debatte, die Heilig Abend durch Sascha Pallenberg angestoßen wurde.
Sascha Pallenberg erfindet sich gerade neu. Am Wochenende wird eine neue Version von MobileGeeks online gehen. Seit sieben Jahren bloggt er nun. Erst ging es um Eee-PCs, dann kümmert er sich um seine Netbook-News und aus dieser Seite sind dann die MobileGeeks geworden. Jetzt vollzieht er keinen thematischen Schwenk, sondern merkt: So weiter wie bisher kann er nicht machen, das funktioniert nicht.
Seine Selbst-Analyse ist spannend. Viele der Probleme beziehen sich nicht nur auf MobileGeeks, sondern gelten für weite Teile der Online-Medienlandschaft. In einem 26-Minütigen Weihnachts-Video legt Pallenberg seine Gedanken dar. Ich fasse euch die wichtigsten Punkte zusammen:
Was laut Pallenberg schief läuft:
- Es fehlt die Rückbesinnung auf die Art, wie er und sein Team mal begonnen haben: Es war ein Fehler sich voll und ganz auf News zu setzen. Pallenberg: „Das war naiv.“
- Mit Newsschwemme kann man nichts gewinnen oder sich differenzieren. „In dem Moment schreibt man nicht mehr für Menschen, sondern für Algorithmen. Das ist nicht das, was wir machen wollten.“
- Früher ging es darum, Artikel zu schreiben, die sonst niemand hatte. Heute muss man alle Geschichte nacherzählen. Möglichst viele News pro Tag.
- Wenn alle anfangen, von einander abzuschreiben, gerät man in eine Sackgasse – in einen Teufelskreis des Reproduzierens von Content, der ja eigentlich einmal von jemand anderes erstellt worden ist.
- Selbsteingeständnis: „Wir sind keine Newredaktion!“ („Ich kann nicht mehr. Mich kotzt der ganze Newskack an.“)
- Nachrichtenredaktionen haben viel aus der Bloggersphäre geklaut: Live-Ticker von Nerd-Messen oder Unboxing-Videos.
- Blogs haben sich ihren Vorsprung gegenüber den klassischen Redaktionen verspielt.
- Keine Sponsored-Posts mehr, keine Advertorials mehr.
Was sich ändert:
- Mehr Herz und Leidenschaft für die Themen, für die man brennt.
- Smartphone als Zentrum für verschiedene Themenfelder: SmartCars, SmartHome, SmartTraveller, SmartLearning …
- Pallenberg holt viele Experten an Board, die sich mit einem eigenen Themenschwerpunkt in einem Blog oder in sozialen Netzwerken bewiesen haben – sie werden auf MobileGeeks für ihre Themen schreiben.
- Mehr eigene Themen und keinen Content, „der schon alt ist, wenn man auf ‚veröffentlichen‘ drückt.“
- Weniger veröffentlichen – keine 20 News am Tag.
- Blogger sagen ganz klar ihre Meinung, egal wer sie finanziert – es gibt keine Durchschnittsprodukte: Entweder sind sie top, oder flop. „Subjektivität und Direktheit müssen wir uns beibehalten.“
- Keine Bannerwerbung mehr. Dafür Werbetexte mit Mehrwert, die eindeutig gekennzeichnet sind.
Ich kann mir vorstellen, dass Sascha wieder in heftige Diskussionen in diesem Jahr geraten wird. Im Video kritisiert er Angebote wie curved.de – eine Tech-Seite, die durch den Mobilfunkbetreiber E-Plus finanziert wird. Ich denke, es kommen ähnliche Angebote auf uns zu. Das ist nicht nur eine Herausforderungen für Journalisten („Darf ich für so ein Portal arbeiten?“), sondern auch für Blogger – neue Konkurrenz entsteht.
Saschas Analyse über die Schwachstellen der Online-Medienszene, und seine “nderungsansätze halte ich für genau richtig. Vor allem, dass er persönliche Gesichter mit Themenfelder besetzt, ist genau richtig. Allerdings sollte er nicht glauben, dass Medienhäuser dies nicht auch schon erkannt haben. Wie ich aus unterschiedlichen Häusern weiß, machen die sich Gedanken, die in die gleiche Richtung gehen. Blogger wie Sascha Pallenberg haben aber einen Vorteil: Ihre Teams sind kleiner, beweglicher und somit schneller. Sie können im Zweifel einfach „machen“. Das ist der wahre Unterschied zwischen klassischen Medienmarken und Blogs.
Jens Scholz meint
Wenn ich das richtig lese geht es darum, dass Blogs, die aufgehört haben Blogs zu sein und Newsseiten wurden, überraschenderweise am Ende Newsseiten waren statt Blogs. Und dass das, was wir irgendwie lange Zeit „bloggen“ nannten – also seine eigenen Gedanken, Expertisen und sonstigen Themen authentisch und persönlich ins Internet zu schreiben und mit anderen zu teilen – eine gute Idee wäre, weil dann die Newsseite wieder ein Blog würde.
Ich bin j nicht gerade überwältigt über diese Erkenntnis.
Christian meint
Die goldene Frage bei Palles neuer Strategie ist allerdings: Wie Geld verdienen mit dem reduzierten Content, wenn Klickraten und Werbeeinnahmen direkt zusammenhängen? Die Konkurrenz ist, gerade im Tech-Sektor, enorm und wenn man seine Leser nicht mit Werbung und News zuknallen möchte, muss langanhaltender, möglichst viraler Content produziert werden. Der allerdings ist deutlich anspruchsvoller als das übliche News-Gekloppe, was obendrein Stichwort: „Guckt Euch mal das tolle Youtube-Video an“ im Stil von Buzzfeed, Heftig usw. in seiner allerbilligsten Form nicht selten besser läuft als jeder hochwertige Content.
Bleibt also die Frage, was zu tun ist, um nicht Teil der Verbuzzfeedung des Netzes zu werden und trotzdem Geld zu verdienen.