In dieser Woche war ich Mittagessen und habe eine neue Episode „gestresste Deutsche“ erlebt. Das japanische Viertel in Düsseldorf. Mann und Frau haben Hunger, gehen in ein gut besuchtes Restaurant, werden freundlich vom Kellner empfangen, lassen ihn aber verdutzt stehen und rennen zum Nachbartisch. „Entschuldigung, könnten Sie sich umsetzen, dann können wir auch gleich essen.“ – „Klar“, so die Gäste am Nachbartisch, und hievten ihre Babyschaukel von der einen Hälfte des Vierertisches zwischen unsere Tische. Mann und Frau nehmen dankend auf den zwei freigewordenen Stühlen Platz, halb erleichtert, halb echauffiert: „Sonst hätten wir noch warten müssen! Das geht ja gar nicht!“ In meinen Gedanken habe ich noch ein „So was müssen Sie sich mal vorstellen“ ergänzt – haben die auch bestimmt gedacht.
So was müssen Sie sich mal vorstellen! In einem Restaurant warten! Ich habe etwas gedankenverloren auf meiner Teigtasche herumgekaut. Eigentlich bin ich von gestressten Deutschen genervt, die sich zu fein sind, ein paar Minuten zu warten, bis sie einen Platz bekommen. Es ist ungewohnt, aber subjektiv empfunden nimmt die Zahl der Läden, in denen man auch mal warten muss, zu. Für mich ist „Warten auf einen Tisch“ ein Zeichen für Qualität. Genauso wenn Landsleute bei einem internationalen Gastronom häufig essen. Das Warten habe ich in den USA kennen gelernt. Dort gilt gar die Regel: Muss man nicht warten, taugt der Laden nichts.
Mein bestes Erlebnis hatte ich vor ein paar Jahren in New Orleans. Unsere Airbnb-Vermieterin Monique hat meinen Freunden Igor, Adi und mir einen kleinen Italiener empfohlen, den man auf einer bekannten Straße findet, aber nur wenn man links neben der Jazzbar eine Holztür öffnet, eine schmale Treppe hochgeht und dann den rechten Flur nimmt. Dort ist ein Restaurant mit sieben Tischen, einer Bar und dem weltbesten Fisch und den weltbesten Saucen. Monique hatte recht. Nicht nur mit dem weltbesten Essen, sondern auch mit der Wartezeit. „Ihr seid gut, wenn ihr innerhalb von einer Stunde einen Tisch bekommt.“ Wir haben 90 Minuten gewartet – durften uns sogar nicht so weit weg bewegen. Das Essen war so gut, dass wir am nächsten Tag noch einmal 90 Minuten gewartet haben. Ich habe mir vorgenommen, in Deutschland mehr in Läden zu gehen, in denen man Schlange stehen muss.
Ich war in dieser Woche etwas enttäuscht, als ich das Naniwa in Düsseldorf (Oststraße 55) besucht habe. Wir mussten nur sieben Minuten warten. Das Essen war aber besser, als es die Wartezeit vermuten lässt. Mein Freund Kenneth wollte unbedingt in das japanische Traditionsrestaurant —seit mehr als 25 Jahren— ausprobieren. Er hatte schon gehört, dass man abends sehr lange dort anstehen muss. Auf Yelp seien die Bewertungen so außerordentlich gut. Also probierten wir es in der Mittagspause.
Ein tolles Erlebnis. Wunderbarer Service, gutes Essen – ein Großstadtgefühl schleicht sich ein. Dazu Entertainment am Vierertisch nebenan.
Das Naniwa ist kein Geheimtipp — im Gegenteil. Aber für mich ein „Place to go“, deswegen mein Tipp für eure Mittagspause. Auch sehr schnell aus der Innenstadt zu erreichen, wenn die nächsten Besorgungen anstehen. Es gibt in der direkten Nachbarschaft auch ein zweites Naniwa, indem Sushi serviert wird.
Die Karte könnt ihr online ansehen. Ein Kommentator hat auf Yelp geschrieben: „Irgendeine Suppe von der Karte am besten das Tagesangebot, ein japanisches Bier vom Fass und Gyoza (gefüllte Teigtaschen) – mehr brauchst Du nicht um glücklich zu sein.“ — das ist richtig.
Habt eine glückliche Mittagspause.
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