Überraschung zum Wochenende: Der Newsletter-und-jetzt-auch-Website-Builder Behiive hat neue Tarife. Normalerweise werden kurz vor dem Wochenende ungünstige Neuigkeiten von Unternehmen gemeldet – aber diese Meldung ist alles andere als ungünstig. Behiive wird günstig. Damit können wir die Frage nach dem besten Tool für redaktionelle Newsletter nach dem Aus von Revue neu beantworten. Die bisherige Antwort war frustrierend.
Das Vorbild: Revue war einfach toll. Der Dienst von einem kleinen Start-up aus Amsterdam hat sich voll und ganz auf einen komfortablen Text-Editor konzentriert, mit dem vor allem inhaltliche Newsletter wunderbar geschrieben und verschickt werden konnten. Auch das User-Management war tadellos. Revue hatte zwei große Vorteile: Die Newsletter mussten nicht groß „gebaut“ werden, wie bei regulären Marketing-Newsletter-Tools üblich und die Preise waren deutlich moderater. Als Twitter Revue übernahm, gingen irgendwie zwei Herzensdienste zusammen. Als Elon Musk aus Twitter X machte, platzte dieser Traum. Schon nach ein paar Tagen wurde das Aus von Revue angekündigt. Doppelter Herzschmerz bei vielen Kollegen.
Die Zeit nach Revue: Gerade als Blogger, Podcaster oder freier Journalist war Revue eine Wohltat, nachdem wir lange nicht an MailChimp vorbei kamen. Zwischen den ganzen Kampagnen und gebauten Newslettern, wurde es recht schnell teuer, wenn die Subscriber-Liste wuchs. In der Zwischenzeit hatte sich viel getan. Viele neue Newsletter-Dienste meist mit Marketing-Schwerpunkt sind gestartet – mit Preisen und Editoren die mal mehr oder weniger geeignet für inhaltliche Newsletter waren, die erst einmal Reichweite aufbauen wollen.
- Send In Blue bzw. jetzt Brevo hat zwar einen Marketing-Schwerpunkt, bietet aber einen Editor, der die redaktionelle Arbeit nicht aufhält. Ein Unternehmen aus Deutschland und damit in Sachen DSGVO vorbildlich unterwegs. Auch die Preise sind ok. Es gibt sogar einen kostenlosen Tarif, den man behalten kann.
- Substack hat einen Newsletter-Editor, der Revue das Wasser reichen kann. Dazu die ganze Ausrichtung auf Inhalte. Und: Der Dienst kostet nichts. Wer Abos verkauft, gibt Substack einen Teil ab. Gut für Projekte, die erst ohne Geschäftsmodell starten. Als Dienstleister gestartet, ist Substack inzwischen zu einer Plattform gewachsen, die ihre User vernetzt und so für Wachstum sorgt. Das deutsche Publikum ist auf Substack auch gut vertreten. Das Problem: Substack macht mit Nazis Geschäfte, bzw. lässt sie auf seiner Plattform Geld verdienen und hält die Hand auf.
- Die Open-Source-Alternative Ghost lief zunächst gegen WordPress als reduzierte Blog-Alternative. Der neue Fokus auf Indipendant Publisher, um als unabhängiges und plattformfreies Substack zu punkten, zahlt sich voll aus. Nur: Die Preise gehen bei 30 Euro im Monat los. Wenn man mehrere Projekte hat, geht das ganz schön ins Geld.
- Beehiiv ist mir vor allem im US-Markt als oft genutzte Alternative zu Substack aufgefallen. Beehiiv-Newsletter pushen sich ebenfalls untereinander. Auch wenn der Editor auf Inhalte optimiert ist, hat der gesamte Feature-Umfang einen Marketing-Schwerpunkt für Content Creator. Zwar nimmt Beehiiv keinen Cut möglicher Membership-Gebühren, dafür ist der Grundpreis ordentlich. Rund 50 US-Dollar ist das erste kostenpflichtige Paket, wer aber einigermaßen den gleichen Funktionsumfang wie bei Substack haben möchte, benötigt das Paket für rund 100 US-Dollar im Monat. Somit ist Beehiiv ein tolles Produkt, aber für neue Content-Produkte, die sich erst einmal auf Audience-Aufbau konzentrieren, zu teuer.
Für viele war Substack die erste Wahl nach dem Revue-Aus. Für mich ebenfalls. Als im Januar Substack keine Verantwortung im Nazi-Skandal zog, bin ich mit „Style & Stitches“ zu Ghost umgezogen. Aber was mache ich mit dem persönlichen Newsletter? Oder mit „Was mit Medien“? Alles irgendwie unbefriedigend.
Was jetzt neu ist: Beehiiv überrascht mit einer neuen Tarifstruktur, die das Blatt wendet. Der kostenlose Tarif geht bis zu 2.500 Subscriber und beinhaltet jetzt Features wie Segmentation, eigene Domain oder API-Zugriff(!). Der nächste Tarif kostet jetzt 40 statt 50 Dollar im Monat und hat bereits alle wichtigen Features inklusive. Weiterhin behält man die kompletten Membership-Einnahmen, die über Beehiiv realisiert werden. Das ist toll!
Journalistische Projekte können also erst einmal in einem kostenlosen Tarif starten – und da natürlich auch Beehiiv im Content-Creator-Platform-Game mitspielt, gibt es mit dem neuen Website-Builder ein Tool, dass neben dem Newsletter auch noch die passende Homepage erstellt und pflegt. Bisher integrieren viele den Newsletter in eine bestehende Homepage. Ich glaube mit Blick auf den Website-Builder: Künftig integrieren viele ihre Homepage in ihre Newsletter-Präsenz.
Wir haben somit nicht nur endlich eine gute Auswahl an Alternativen zu Revue, die Hürden eigene Webseiten oder Newsletter zu publizieren sind noch einmal deutlich niedriger geworden.
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