Mit etwas Genugtuung lese ich jetzt am Wochenende die Artikel über das Ende der Vanity Fair – ich schrieb darüber bereits in diesem Weblog. Erfreulicherweise machen sich viele Schreiber mehr über die lustig, die an dem Erfolg der Vanity Fair zweifelten, als über das Scheitern der Vanity Fair selbst.
Ich glaube die Gefühlslage vieler läßt sich recht simpel zusammenfassen: Sowohl traurig als auch froh. Traurig, über das Ende dieses spannenden Projektes. Froh, da die zuletzt prägende Durchschnittlichkeit nur schwer zu ertragen war.
Vielleicht hätten die Macher der deutschen Vanity Fair schon vor mehr als zwei Jahren etwas im Internet suchen sollen, warum die amerikanische VF so vergöttert wird. Ein auf den Philippinen lebender New Yorker veröffentlichte am 14. Oktober 2005 ein kleines Portrait über die amerikanische Ausgabe. Er schloß seinen Blogtext mit dem Satz: „Vanity Fair is unpredictably cool.“
Die amerikanische VF hat viele Anläufe gebraucht, um sich dieses Image zu erarbeiten. Wäre das Hochglanzblatt ein Arcadespiel, dann erschiene die Monatsschrift jetzt in ihrem vierten Leben.
1859 erschien in New York die erste VF, eine humoristische Wochenschrift. Bereits 1863 wurde die Zeitschrift wieder eingestellt. Das ist auch das Todesjahr von William Makepeace Thackeray. Der zu Zeiten des viktorianischen Zeitalters bedeutende englische Schriftsteller hat 1847/1848 den Roman „Vanity Fair“ veröffentlicht.
1868 kam eine neue Vanity Fair in London heraus. Bis 1914 beschäftigte sich das wöchentliche Magazin mit den Eitelkeiten der (nach-)viktorianischen Gesellschaft. Die letzte Ausgabe erschien am 5. Februar 1914.
1913 sicherte sich Condé Nast die Rechte an der Vanity Fair. Nast bezahlte 3.000 Dollar für die Namensrechte, fügte diesen dem Verlagstitel „Dress“ hinzu. Das Konzept der „Dress and Vanity Fair“ stellte aber nicht zufrieden, sodass Chefredakteur Frank Crowninshield 1914 die Mode aus dem Blatt strich und es Schritt für Schritt zur literarischen Stimme für die mondäne Café-Gesellschaft entwickelte. Doch wegen der Wirtschaftskrise fehlten die Anzeigenkunden. Das Magazin erschien zunächst wöchentlich, dann monatlich und wurde März 1936 eingestellt.
Condé Nast hielt an dem Titel aber fest. 1949 gab es einen Wiederbelebungs-Versuch in Großbritannien. Dies gelang aber erst 1983 in den USA. Im Februar erschien die erste Ausgabe der heutigen Vanity Fair. Auch hier ging es alles andere als ruhig zu: Nach drei Ausgaben wurde bereits der Chefredakteur ausgewechselt. Der zweite Chefredakteur hielt sich auch nur gut ein Jahr.
Die Geschichte der deutschen VF ist demnach gar nicht untypisch für eine Zeitschrift, die diesen Namen trägt. Fehlende Anzeigen in der Wirtschaftskrise, die wöchentlichen Erscheiungsweise und Chefredakteurswechsel in kurzer Zeit – das gab es schon alles in der Historie der VF. Aber sie kam immer wieder.
Vielleicht kommt auch die deutsche Vanity Fair wieder. Orientiert sie sich dabei an der englischen Geschichte, müssen wir uns noch etwas gedulden. Nach dem Krisen-Aus von 1936 dauerte es 47 Jahre bis zum erfolgreichen Neustart.
In Deutschland wäre das dann 2056.
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