Kommt, wir schwelgen etwas in Nostalgie. Wenn ich einem Netzdienst nachtrauere, dann ist es Dopplr.
Ich bin ja ein großer Fan von Location-Based-Services. Zugegeben: Dopplr ist nicht der einzige Dienst, der es nicht schaffte. Wir erinnern uns an Places, Qype, das alte Foursquare.
Nie hatte ein Dienst die Kernfunktion von Dopplr übernommen: Reisepläne teilen und mit denen der Freunde vergleichen. Im Smartphone-Zeitalter wird nur im hier und jetzt gelebt.
Dopplr hingegen hat sich dem Thema „Smart Travel“ verschrieben. Diesen Glauben an smarteres Reisen durch Big Data beweist heute eigentlich nur Allryder, auch wenn dann das Produkt ein ganz anderes ist.
Die Dopplr-Geschichte in aller Kürze: 2007 gegründet, folgten 2008 und 2009 die großen Jahre. 2009 der Kauf durch Nokia, seit 2010 der Dornröschenschlaf und seit dem ersten November 2013 ist die Seite ganz abgeschaltet.
In der Retrospektive hat Dopplr eine Lücke hinterlassen, die Swarm und Facebook Places nicht auffüllen können. Ich habe zehn Gründe gesammalt, warum ich Dopplr vermisse und an denen sich auch andere Dienste eine Scheibe abschneiden können.
1.) Dopplr war sympathisch
Die Haltung und Ansprache der Nutzer war immer direkt, ohne Umwege und freundlich. Ich erinnere mich immer noch an die persönliche Begrüßung, in unterschiedlichen Sprachen („Hej Daniel“, „Ola Daniel“, „Bonjour Daniel“).
2.) Das eigene Profil war simpel
So sah mein eigenes Profil aus. Die Bilder sind zwar nicht mehr da, aber wir erhalten einen Eindruck. Das Design wirkt heute etwas anachronistisch, war damals aber schick und aufgeräumt. Okay, das Web 2.0 hat uns in der Zwischenzeit gelehrt, was wirklich aufgeräumt ist …
3.) Die wöchentlichen Mails haben nicht genervt
Wenn uns heute Facebook und Twitter Mails schreiben, dann ist der Inhalt belanglos („Dass ein Kommentar geschrieben wurde habe ich schon gesehen“) oder gar dumm („Ja, ich kenne schon Sascha Lobo und will ihm nicht noch mal folgen“). Die Mails von Dopplr lieferten einen wirklichen Mehrwert. Auf einen Blick konnte ich sehen, was meine Freunde gerade gemacht haben oder vorhaben. Es verging kaum eine Woche, in der ich nicht mitbekam, dass ich mit einer bestimmten Person am gleichen Ort sein werde. Oft sind Treffen zu Stande gekommen, die es sonst nicht gegeben hätte.
4.) Die Reminder waren wirklich praktisch
Es ist gar nicht so schlecht zwei Wochen vor einer Reise eine Erinnerung zu bekommen. Das steigert nicht nur die Vorfreude, sondern aktiviert auch noch das Gehirn, welche Aufgaben erledigt werden wollen.
5.) Es gab auch etwas für das Umwelt-Gewissen
Bei jeder Reise konnten die Nutzer angeben, ob sie mit dem Auto, dem Zug oder dem Flugzeug unterwegs sind. Zum Jahresende gab es dann die Quittung: Wie umweltunfreundlich war die eigene Raserei? Wie viele Bäume müssen als Ausgleich gepflanzt werden? Dopplr bewies Haltung.
6.) Die Jahresauswertung wollte man immer mit allen teilen
Wer fleissig seine Reisen aufgeschrieben hat, bekam eine wunderbare Jahresauswertung. Ich habe meine leider nicht mehr gefunden.
7.) Die Big Data verraten etwas über den eigenen Freundeskreis
In der persönlichen Auswertung gab es oft eine Ãœberraschung: Mit bestimmten Personen war man gar nicht so häufig an den gleichen Orten wie gedacht — und, was noch spannender ist, umgekehrt natürlich auch. Eigenwahrnehmung vs. Daten-Realität 0:1.
8.) Die Big Data verraten etwas über uns alle
Dopplr hat hier und da interessante Auswertungen über die Community veröffentlicht.
9.) Dopplr ließ sich von überall füttern
send trips to your dopplr account by direct-messaging me or starting messages with @dopplr. more at http://www.dopplr.com/account/twitter
— Dopplr (@dopplr) July 3, 2008
Das war wirklich stark: Egal ob per Web, per iCal-Kalender, Facebook oder Twitter — neue Trips haben sich sehr einfach ergänzen lassen.
10.) Bei Dopplr hatte jeder ein eigenes Logo
Es sind die Details, die faszinieren: Jede Stadt hat einen eigenen Farbcode bekommen. Die bunten Klötzchen im Logo sahen bei jedem Nutzer etwas anders aus. Je nach Aufenthaltsort und Dauer hat sich aus den Städtefarben ein Logo für den Nutzer ergeben.
Was bleibt von Dopplr, außer einer Reihe von Erinnerungen? Ben Nolan hat rund um das Aus von Dopplr an einem Nachmittag einen Nachfolgedienst programmiert, wie er in seinem Blog schreibt: Radar. Allerdings will es etwas heißen, wenn der Dienst seit 2013 nicht einmal auf meinem gleichnamigen gelandet ist.
Was sind eure Erinnerungen an Dopplr?
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