Als Zivildienstleistender ist man inoffiziell Hobbysoziologe und deswegen bin ich genötigt die Ereignisse auf dem Weg zum Institut aufzuarbeiten, da unser schönes Städtchen zur Aussenstelle der Arktis verkommen ist. Ich kann nur hoffen, dass heute Morgen die Promenade nicht Ziel der nordrheinwestfälischen Rasterfahndung gewesen ist, so eingemummt und, noch schlimmer, uneitel die Studenten auf der Leeze durch die Stadt heizten. Es wirkte alles so steril. Vereinzelnd versuchte ein Grossstadthupen die provinzialische Genügsamkeit zu irritieren.
Aber selbst der Taxifahrer, der an einer Kreuzung eine 180 Grad Wendung bei -4 Grad machen wollte, musste vor den Radfahrern kapitulieren, als er mit seinem gelben geheizten Gefährt parallel zum Haltestreifen zum Stehen kam und die Leezentreter links und rechts übeholten.
Wenn ich in atemraubender Kälte einen rauchenden Menschen mit Schnäuzer sehe (der Gleichberechtigung wegen spreche ich von Menschen und nicht nur von Männern an dieser Stelle), muss ich an eine kleine Anekdote in meinem Coca-Cola Buch denken. Das Ur-amerikanische Bedürfnisgebräu wurde von russischen Mütterchen in Kasastan sehr geliebt - doch leider wurde es ihnen zu einem schmerzhaften Verhängnis. So war es nicht leicht den gefrorenen Sirup aus ihren Bartstoppeln (!) zu entfernen, denn die Temperaturen verwandelten in Null-,-Nix die Erfrischeungsbrause in einen Colaeisblock auf der Oberlippe.
Ganz ehrlich: Diese urbane Verpeiltheit bei - 4 Grad liebe ich! Viel Genießbarer als das Grüppchen von Hausmüttern, die nach dem zweiten Glühwein, Arm in Arm mit roten Zipfelmützen über den Weihnachtsmarkt laufen und „Little Drummer Boy“ singen. Aber das ist eine andere Geschichte.
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