Kleine Fortsetzung zu der Panne rund um das Interview mit der Linken (wie hier im Blog berichtet) in der Sendung mit dem Internet: Das Interview mit Halina Wawzyniak (Linke-Bundesvorstand) hat die meisten Abrufe am Veröffentlichungstag geholt, wenn wir die Politikerinterviews vergleichen. Allerdings hat kein anderer Politiker gefordert, die Amazon-Bücherempfehlungen zu verbieten.
Archiv für August 2009
fiene & die linke panne
Es gibt Parteien, da weiß die Linke nicht, was die rechte Hand tut.
Ich habe hier eine Anekdote für euch, rund um meine Arbeit für „die Sendung mit dem Internet“, die ich bei Antenne Düsseldorf mit betreue. Vor der Bundestagswahl checken wir die Wahlprogramme der Fraktionen auf deren Netztauglichkeit und diskutieren darüber mit den Neue-Medien-Politikern der jeweiligen Partei. Wir hatten schon mit Philipp Mißfelder (Union), Malte Spitz (Grünen), Hans-Joachim Otto (FDP) sowie Hubertus Heil (SPD) gesprochen. Wer fehlt noch? Richtig! Die Linke. Wer hat sich beschwert, dass wir eine Partei bewußt ignorieren? Richtig! Die Linke. Ist unsere Serie schon fertig? Richtig, sie ist noch nicht fertig.
Wir haben bereits in der letzten Woche ein Interview mit der Linken aufgezeichnet und just heute wird unserer Radiosendung in einem offiziellen Blog von der Linken vorgeworfen, die Fraktion zu ignorieren.
Aber der Reihe nach.
Jürgen Scheele schrieb heute in dem Blog Digitale Linke auf blog.die-linke.de folgendes:
Es war hier bereits Thema, dass DIE LINKE auch im Netz auf die bekannte Medienmaschine stößt und ihre Positionen verschwiegen oder bewußt falsch dargestellt werden. Nun sind zwei neue Fälle von Meinungsmanipulation zu vermelden.Auf politik-digital.de findet sich der Hinweis auf „Die Sendung mit dem Internet“. Das ist ein Projekt von RP online und Antenne Düsseldorf — beides Firmen der Mediengruppe RP, wobei RP für die konservative Rheinische Post steht.
„Die Sendung mit dem Internet“ beleuchtet anläßlich der Bundestagswahl Online und im Radio die Wahlprogramme der Parteien. Genauer: „Was planen die Parteien für die Generation Internet? Wie sind die Positionen zu Urheberrechtsfragen, Internetsperren und Datenschutz?“ Das ganze geschieht in einer vierteiligen (!) Serie. Wer fehlt dabei? Richtig: DIE LINKE!
Dass Verschweigen und Falschdarstellung ein System bilden, wird nun auch von Linken zunehmend öffentlich gemacht.
Ich dachte als Medienjournalist hätte ich schon viel interessante Menschen oder Gruppen kennen gelernt, die denken, alle sind gegen sie. (Ja, die gerne von Johannes B. Kerner eingeladen wurden)
Damit es in dieser Sache keine bleibenden Mißverständnisse gibt, habe ich einen Kommentar geschrieben.
Liebe Autorin, lieber Autor,
leider ist Euer Artikel in Bezug auf „die Sendung mit dem Internet” zu 100 Prozent falsch — das kann selbst Eure stellvertretende Bundesvorsitzende Halina Wawzyniak bestätigen. Im Zuge der von Euch angesprochenen Serie haben wir auch ein Interview mit Halina Wazyniak geführt. Das wird in der morgigen Sendung ausgestrahlt.
Hier hätte eine interne Nachfrage bei Eurer Pressestelle gereicht. Oder eine Nachfrage bei uns — denn die Serie ist noch nicht abgeschlossen.
Wenn Ihr Medien kritisiert, solltet Ihr auch selbst korrekt arbeiten. Eine Nachfrage von Euch bei uns hat es nicht gegeben. Es wäre jetzt fair, wenn ihr die entsprechende Stelle ergänzt bzw. korrigiert.
Über die Hintergründe zum Politik-Digital-Teil kann ich nichts sagen, da dieser uns ja nicht betrifft. Hier hoffe ich, dass Ihr ordentlich recherchiert habt.
Daniel Fiene
Redakteur
Antenne Düsseldorf
Ich habe mich den ganzen Nachmittag gefragt, wie die Blogger der Linken überhaupt auf die Idee gekommen sind, dass wir die Fraktion ignorieren? Die Antwort kam vor eine Stunde. Die falschen Passagen sind in dem Blogeintrag nicht korrigiert worden, allerdings gibt es ein Update am Ende des Textes.
[UPDATE, 23.8.2009, 17:18:
politik-digital.de berichtete über die vierteilige „Sendung mit dem Internet“ im Präteritum, also ein abgeschlossenes Ereignis beschreibend. Bei Inaugenscheinnahme der Website hatte auch ich diesen Eindruck. Dort war unter dem Titel „Die Parteien und das Internet“ am 19. Juli das Wahlprogramm der CDU, am 26. Juli das der Grünen, am 9. August das der FDP und am 16. August das der SPD beleuchtet worden. Bei wöchentlicher Ausstrahlung also jeweils sonntags vor der Sendung am Montag. Am 2. August geschah nichts.
Nun macht uns Daniel Fiene, Redakteur von Antenne Düsseldorf, darauf aufmerksam, dass morgen ein Interview für DIE LINKE mit Halina Wawzyniak ausgestrahlt wird. Das freut uns. Die entsprechende Rubrik „Die Parteien und das Internet“ müßte dann, dem Gesetz der genannten Reihe folgend, heute erscheinen.]
Das macht das ganze ja noch schlimmer! Erst bei uns nicht nachfragen und dann einer dritten Seite die Schuld geben, weil die eine Vergangenheitsform nutze, als über unsere Interviews geschrieben wurde. Die Aufzählung der Daten finde ich genauso amüsant, wie vom „Gesetz der Reihe“ zu schreiben. Ob die mal unsere Sendung gehört haben? Wir haben immer gesagt, dass wir vor der Bundestagswahl die Programme der großen Parteien besprechen.
Liebe Linke, die Bundestagswahl ist am 27. September.
Ich gehe zurück auf den Balkon.
(Ob wir auch dafür kritisiert werden, wie wir dann das Wahlprogramm der Linken zusammenfassen?)
Update: Der betreffende Text im Blog wurde durchgestrichen und richtig gestellt. Das ist doch erfreulich.
fiene & der digitale graben des djv – ein gespräch mit ulrike kaiser
„Journalisten sind gut beraten, sich nicht auseinder zu dividieren“
In der aktuellen Ausgabe von unserem Medienmagazin „Was mit Medien“ habe ich ein Interview mit Ulrike Kaiser vom DJV geführt. Nachdem in der Vorwoche Thomas Knüwer seinen DJV-Austritt erklärt hat, war es uns wichtig zu verstehen, warum der DJV zu einer Aktion gegen Google aufruft. Herausgekommen ist ein Gespräch über Google, die Hamburger Erklärung, Thomas Knüwer und der digitale Graben innerhalb des Verbandes. Ich habe das Interview transkribiert und möchte es komplett, aber leicht geglättet hier im Blog veröffentlichen.
Daniel Fiene: Ulrike Kaiser ist stellvertretende DJV-Bundesvorsitzende und jetzt bei Was mit Medien. Guten Abend.
Ulrike Kaiser: Ja, schönen guten Abend Herr Fiene.
Fangen wir mit der konzertierten Aktion, die der DJV zusammen mit Verlegern und Gesetzgebern vorschlägt – konkret geht es da um Google. Michael Konken schreibt der Suchmaschine ein Meinungsmonopol zu. Das müssen Sie uns vielleicht noch mal kurz erklären. Also wie kann ein Such-Algorithmus zu einem Meinungsmonopol werden, und damit dann auch zur Gefahr für alle Verleger und ihren gesamten Redaktionen?
Naja, wir müssen schon etwas beobachten, dass sich bei Google ein Machtballon zusammenbraut, den wir inzwischen seit Jahren beobachten. Google macht ständig neue Geschäftsmodelle – Sie kennen sie selber – Google Bücher, Google News und so weiter. Wir müssen schon darauf achten, wie sich dort der Machtballon entwickelt. Wenn wir eine gemeinsame Aktion fordern, dann müssen wir das ein wenig mit Abstrichen machen. Ich kann das, wenn ich die Zeit habe, kurz erläutern. Wir haben auf der einen Seite die Urheberrechte zu vertreten. Wir wissen auf der anderen Seite sehr genau, dass wir da nicht immer mit den Medienunternehmen gemeinsame Sache machen können, weil die Medienunternehmer ihrerseits, es mit der angemessenen Beteiligung von Urhebern auch nicht so genau nehmen. Sie beanspruchen ja die Verwertungsrechte und entsprechende Erträge weitestgehend für sich. Wir wissen ja alle, dass zumeist die freien Journalisten teilweise mit schlechten Honoraren und teilweise mit Knebelverträgen abgespeist werden. Insofern sind wir generell zurückhaltend mit einer gemeinsamen Aktion und haben auch bei der Hamburger Erklärung (PDF) zum Beispiel bewußt nicht mitgemacht und haben das im Ãœbrigen den Verlgern gegenüber sehr detailliert begründet.
Jetzt bleibt trotzdem der Gesamteindruck, dass Google als der Buhmann dargestellt wird. Wie sind Sie zu der Haltung gekommen? Haben Sie da mit Ihren Online-Experten gesprochen? (Anmerkung: Bitte die Fußnote beachten!)
Nein, das geht ja gar nicht so sehr um Google alleine. Wir haben, wie bei jeder neuen Medienentwicklung, auch beim Internet gewisse Herausforderungen. Die müssen wir einfach sehen. Beim Internet ist es das Urheberrecht, der Schutz des geistigen Eigentums. Wir sind als DJV der Meinung, weil wir eben auch Journalistinnen und Journalisten als Urheber vertreten, dass wo dieses geistige Eigentum weiterverwertet oder verbreitet wird, im Prinzip eine Lösung gefunden werden muß, um die Urheber zu beteiligen. Das ist also ein Aspekt. Bei dem anderen Aspekt – und das wird meistens auch bei dieser Diskussion zusammengewürfelt – geht es für mich um die publizistische Vielfalt. Das war dieser andere Aspekt, den wir hier gerade schon erörtert haben: Inwieweit ist Google inzwischen eine gewisse Marktmacht? Und wie weit muß man darauf gucken, und dass sich hier keine unangemessene Marktmacht zusammenballt! Wir sind ja sehr gespannt darauf, wie es sich jetzt Microsoft und Yahoo anschicken, Google verstärkt Konkurrenz zu machen.
Konkurrenz kann da auf jeden Fall nicht schaden, aber bleiben wir da einmal bei dem ersten Punkt – bei dem Thema Urheberrecht und einer möglichen Beteiligung. Es ist ja so, dass Google eigentlich immer nur Teaser (oder Ankündigungen) verlinkt und nie komplette Artikel des aktuellen Nachrichtengeschehens. Da müsste ich ja strenggenommen zu meinem Zeitungskiosk hingehen, der mit meinem Titelblatt im Schaufenster wirbt – da müssten wir dem doch auch etwas berechnen, oder?
Ja, hier ist jeder Vergleich etwas schwierig. Also wir können einfach davon ausgehen, dass Google mit dieser Marktidee sehr viel Geld verdient, und zwar dadurch, dass Google Wissen weitergibt, was andere erarbeitet haben. Das ist ein theoretisches Modell. Da müssen wir einfach sehen: Wo mit geistigem Album gearbeitet wird, da ist derjenige, der geistiges Eigentum produziert auch in irgendeiner Weise an bestimmten Erträgen wieder zu beteiligen.
Aber Hubert Burda bekommt ja zum Beispiel 50 Prozent seiner Besucher durch Google …
Das ist richtig.
… und damit auch das Geld durch die Werbeiennahmen. Warum arbeitet der deutsche Journalismus nicht einfach mit Google zusammen?
Das tut der deutsche Journalismus doch! Im Prinzip tut er das doch. Es kann sich doch heute kein Medienunternehmen mehr vor Google sperren. Das ist überhaupt gar nicht mehr möglich. Das spricht ja auch dafür, dass Google eine solche enorme Machtstellung erlangt hat. Es kann keiner mehr an Google vorbei. Das will ja auch keiner – im Prinzip. Es geht hier doch bloß um Regeln, wie zu der Zeit, als die Kopierer erfunden wurden, als es darum ging, Urheber wieder an bestimmten Erträgen zu beteiligen. Ich denke einfach, das ist sehr legitim. Wenn wir dann nach dem Gesetzgeber rufen, dann hat das nichts mit Zensur, oder sonst was im Internet zu tun, sondern es geht hier einfach um ein Regelwerk für neue Verbreitungswege. Und es ist ein neuer Verbreitungsweg.
Man könnte da jetzt noch einmal einhaken, dass ja sehr wohl ein Medienhaus Google aussperren könnte – schon mit einer Zeile Code …
… theoretisch ja …
… aber rein wirtschaftlich wäre das Selbstmord.
… das wäre Selbstmord, genau!
… aber als Journalisten ist es ja nicht primär unsere Aufgabe ein Geschäftsmodel zu errichten. Interessant finde ich ja, dass Ihre Pressemitteilung ja schon gut zwei Wochen her ist. Da hat sich eine lebhafte Diskussion entsponnen. Die findet zum großen Teil auch online statt und viele Online-Journalisten mischen da mit. Ein extrems Beispiel ist sicherlich dort Thomas Knüwer – er hat Ihre Forderung zum Anlaß genommen und ist öffentlich-wirksam aus dem DJV ausgetreten – macht Sie das stutzig, was Ihre Arbeit betrifft, oder bestärkt Sie das?
Nein, weder noch. Das sind so harsche Töne, die da inzwischen stattgefunden haben, aber die sind nicht immer ein Ersatz für Argumente. Ich denke, es ist an der Zeit, diese Diskussion zwischen den „Holzjournalisten“ und den Onlinern zu versachlichen und mehr miteinander zu reden, als übereinander. Wir im DJV tun das übrigens. Wir haben sehr viele Onliner bei uns im Verband. Die arbeiten sehr aktiv mit. Die arbeiten unter anderem auf Landesebene oder auf Bundesebene in einem Fachausschuß für Online-Journalisten mit, und ich finde das allemal besser, als da im Bereich des Online über Andere zu diskutieren; im übrigen manchmal auch mit falschen Faktengrundlagen. Nein, ich bin da einfach bestrebt da die Diskussion zu versachlichen, und ich denke ein solcher argumentativer Dialog, wie ihn zum Beispiel Björn Sievers mit seinem Offenen Brief eingeleitet hat, und in den ich dann für den DJV eingestiegen bin, einen solchen Dialog finde ich immer sehr gut.
Den habe ich auch gelsen, und den werden wir auch für die Sendung verlinken, damit die Hörer sich beide Positionen anschauen können. Hier wurden schon viele Argumente ausgetauscht. Aber ich finde es schon bemerkenswert, wie intensiv diese Diskussion ist. Ich persönlich sehe da einen kleinen digitalen Graben quer durch den Verband – den gibt es aber sicherlich auch an anderen Orten in Deutschland, wenn man sich da nur die Internetsperr-Diskussion anschaut. Aber zurück zum DJV: Könnte dieser digitale Graben nicht auch zur Gefahr für den Verband werden?
Wissen Sie, für den DJV arbeite ich gerade die ersten zehn Jahre seines Bestehens für eine publizistische Arbeit auf. Ich habe da festgestellt, dass da damals das Fernsehen so gerade aufkam, und die Fernsehjournalisten haben da im Verband sehr stark geklagt, dass sie sich noch nicht richtig repräsentiert fühlen; dass sie sich noch nicht richtig respektiert fühlen. Das hat sich im Laufe der Jahre gegeben. Ich glaube, dass die Onliner im Moment auch in so einer Position sind. Von unserer Seite aus ist es völlig egal, wo Journalismus stattfindet. Ob in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk oder eben online. Ich denke, die Journalistinnen und Journalisten, die sich als hauptberufliche Journalisten verstehen, die wären gut beraten sich nicht selber auseinander zu dividieren, und dafür kann ich nur appellieren.
Wie wollen Sie denn die Online für sich gewinnen?
Durch unsere Arbeit. Schlicht und ergreifend durch unsere Arbeit. Wir machen eine ganze Menge, auch für Onliner. Wir versuchen zum Beispiel jetzt gerade – und ich denke, da sind wir auf einem guten Weg – die Onliner selbst in die Tarifarbeit mit einzubeziehen. Sie wissen, dass die Tarifverträge für Tageszeitungen bisher die Online-Redaktionen ausschließen. Das ist eines der obersten Ziele in unserer Arbeit, die Onliner da mit reinzubekommen. Für jeden einzelnen hauptberuflichen Onliner sind wir natürlich auch als Verband von Rechtsschutz über alle anderen Dienstleistungen, die dieser Verband bietet, ansprechbar.
Vielen Danke für das Gespräch.
Ergänzende Links, zu denen im Fließtext:
- Pressemitteilung des Axel-Springer-Verlags zur Hamburger Erklärung.
- Google antwortet auf die Hamburger Erklärung.
- Stefan Niggemeier kritisiert die Hamburer Erklärung.
- „Google ist eine Killerapplikation“, sagte Hubert Burda dem Manager Magazin (hier Spiegel Online).
- Spiegel Online: Sie schimpfen auf Google, aber meinen das Netz.
Fußnote
Auf der „Was mit Medien“-Seite hat Thomas Mrazek eine Anmerkung zu dieser Frage gemacht. Er kommentierte:
Zum Interview mit Ulrike Kaiser noch ein kleiner Nachtrag. Daniel Fienes Frage „Haben Sie denn mit Ihren Online-Experten gesprochen.” wurde von Frau Kaiser leider nicht beantwortet.
Als Vorsitzender des Fachausschuss Online im DJV kann ich hierzu aber folgendes sagen: Weder ich noch Kollegen aus diesem Gremium wurden zu diesem Thema jemals von Kollegen aus dem Bundesvorstand des DJV befragt. Unsere mehrmals und sofort nach Erscheinen geäußerte Kritik an den Inhalten der Pressemitteilung „DJV für konzertierte Aktion” wurde — Kaisers Antworten nach zu urteilen — bei der Außendarstellung in den Folgetagen ebenso wenig berücksichtigt.
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