Der Samstag war ein besonderer Tag für Berlin. Es war der Tag von 24h Berlin. Im RBB Fernsehen gab es nur eins zu sehen: Berlin. Und das für 24 Stunden. Unter der Federführung von Volker Heise entstand am 05. September 2008 die Aufzeichnung von 24 Stunden Berlin. 80 Kameras filmten die Stadt und ihre Geschichten. Ein Jahr später – am 05. September 2009 – wurden diese 24 Stunden quasi zeitgleich aber zeitversetzt ausgestrahlt. Der RBB strahlte aus, Arte zeigte die HD-Version, es gab Live-Internet-Streams und mehr als 50 Plätze mit PublicViewing-Angebote. Ich glaube, kaum ein Berliner kam an diesem Event vorbei.
Während viele sich Stunde 05 anschauten, was „der Berliner an sich“ um 11:00 Uhr am 05. September 2008 trieb, schaute ich mir das Jahr 2009 an. Es gab eine Diskussionsrunde: „24h Berlin — Geschichte(n) ohne Ende. Können 80 Kameras eine Stadt erfassen?“ Mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (6. von links auf dem Foto), der Regisseurin Susanna Salonen (7. von links), Professor Hartmut Häußermann (Mitbegründer des Georg-Simmel-Zentrums für Metropolenforschung an der HU Berlin; 3. von links)), zwei jugendlichen 24h Berlin-Zuschauern (beide links) und Volker Heise (Künstlerischer Leiter 24h Berlin, zero one film, 2. von links). Die Moderation übernahm Catarina Zanner (Radio Berlin 88.8, 5. von links)
Die beiden Jugendlichen fanden den Film „cool“, fanden aber, dass der Film zwar Berlin in vielen Facetten gezeigt hat, aber nicht genau „ihr Berlin“.
Und vielleicht ging es auch genau darum. Vielleicht ging es um die Erkenntnis: „Mein Berlin ist nicht das richtige Berlin“. Dieser Film soll den Gedanken anregen, dass jeder auch einmal darüber nachdenkt, wie das Berlin im Auge der anderen aussieht.Der eine versteht Berlin als Korallenriff, um das alle herumschwingen. Der andere drückt es wissenschaftlich aus: Maximale Heteroginität auf minimalen Raum.
Mehr noch fasziniert mich die zeitliche Perspektive. Was sich alleine schon in 365 Tagen verändert hat. Journalist Werner Sonne interviewt zu Guttenberg noch als Underdog. Heute ist er ein Starpolitiker. Am 05. September 2008 dauerte es noch gut ein Dutzend Tage, bis Lehman Brothers kollabierten. Und in zehn Jahren? Da sehen die Leute bestimmt Dinge, die wir heute nicht sehen. Die gucken sich unsere Tapeten an und wundern sich, was in dem Film gefrühstückt wurde.
Volker Heise wollte auch Dinge zeigen, die es in 50 Jahren vielleicht nicht mehr gibt. Er hat die Forschung gefragt, was er denn da zeigen müsse. Man hat sich auf drei Dinge geeinigt:
- Hochkultur. Das Klientel für Opern und Co. wird wohl aussterben.
- Männliche Macht. (Da zuckte Wowereit nicht)
- Sichere Straßen für Passanten. (Wowereit bezeichnete es als Aufgabe für die Politik, dass dies nicht so wird)
Auf der anderen Seite war dieser Tag auch ein Tag der Extreme. Vielleicht auch ein Symbol für Berlin. „Mein bürgerliches Leben habe ich nicht entdeckt“, sagte ein(e) Podiumsteilnehmer(in). Das wäre dann aber auch kein besonderer Tag für Berlin.
Bonusmaterial
Track 1: Ich habe mit Volker Heise gesprochen, dem künstlerischen Leiter von 24h Berlin.
Track 2: Mein Kollege Jörg Wagner hat mit Klaus Wowereit, dem regierenden Bürgermeister von Berlin, über seine Rolle in 24h Berlin gesprochen. (Entschuldigt das Knacken auf der Aufnahme)
Track 3: Mein Kollege Jörg Wagner hat mit Stadtforscher Professor Hartmut Häußermann über das Projekt geredet.
Track 4: Die fast komplette Podiumsdiskussion gibt es auch noch mal zum Nachhören (35 Minuten)
(Vielen Dank an Jörg für das Soundmaterial)
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