Es geht um die Unterlassungserklärung die Radio Q veranlaßt hat, das Logo zu ändern. Wir haben überlegt, wie das Thema denn in Was mit Medien zu behandeln ist. Ignorieren? Das geht schlecht. Nur Radio Q zu Wort kommen lassen? Das geht überhaupt nicht! Ich habe den AMS-Geschäftsführer Uwe Wollgramm gefragt, ob er denn im „Was mit Medien“-Podcast die Geschichte erklären möchte. Das lehnte er ab, schickte mir aber eine Stellungnahme, die ich gerne veröffentlichen dürfte. Da sich ja viele gestern für meinen Kommentar zu diesem Fall hier im Blog interessierten, finde ich es gut, wenn jetzt auch seine Sicht der Dinge zu Wort kommt:
Viel Lärm um nichts. Selbstverständlich geht und ging es der Geschäftsführung der Lokalradio Betriebsgesellschaften in Ostwestfalen und im Kreis Warendorf nicht darum, ein Campusradio anzugreifen oder gar wirtschaftlich zu schädigen.
Zum Hintergrund: In den vergangenen 20 Jahren hat es etliche Wirtschaftsunternehmen, Vereine und gemeinnützige Organisationen gegeben, die ganz bewusst und unberechtigt die Logos unserer Lokalradios öffentlich genutzt haben, um für sich einen Vorteil zu erzielen. Sei es, um bei Veranstaltungen vorzuspiegeln, dass das Lokalradio offizieller Medienpartner oder gar Ausrichter ist. Oder um Sponsoren zu gewinnen.
Als kleine, fragile Lokalradios, die sich ausschließlich aus Werbeeinnahmen und Sponsorings finanzieren müssen, reagieren wir darauf aus Selbstschutz allergisch. Deshalb haben wir einen Markenrechtsanwalt damit beauftragt, unsere Wort-/Bildmarken auf Kollisionen hin zu überwachen. Und es passiert leider relativ häufig – nämlich mehrere Dutzend mal im Jahr – dass dieser Anwalt tätig werden muss. Er weist in solchen Fällen die Plagiateure und Trittbrettfahrer immer schriftlich auf die Rechtslage hin und holt eine Unterlassungserklärung ein.
So ist es auch im Fall von radio Q passiert. Der Vorsitzende des Trägervereins hat nach Eingang des Schreibens mit mir telefonisch Kontakt aufgenommen, und wir haben uns vernünftig geeinigt: Radio Q ändert sein Logo. Und wir verzichten auf Schadenersatzforderungen und Mahnkosten.
Wir möchten nicht unterstellen, dass die Ehrenamtlichen von Radio Q absichtlich unsere Bildmarke „abgekupfert“ haben, um daraus für sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu ziehen. Aber es bestand ohne Zweifel eine Verwechslungsgefahr.
Als wir vor ca. fünf Jahren die Wort-/Bildmarken der Lokalradios aktualisiert und beim Patentamt Markenschutz angemeldet haben, wurde großer Wert darauf gelegt, Verwechslungsgefahren zu vermeiden. Deshalb haben wir von einer Grafik-Design Agentur den Schriftzug radio exklusiv für uns entwickeln lassen. Es handelt sich also um keinen Schriftzug, den es so zu kaufen gibt.
Radio Q hat enge Berührungspunkte mit dem Sendegebiet von Radio WAF. Das Campusradio ist in Teilen des Kreises Warendorf empfangbar, teilweise sogar im Kabelnetz. Radio Q hat zum Teil Sponsoren, die Werbekunden von radio WAF sind. Aus diesen Gründen halten wir es erforderlich, sich voneinander abzugrenzen.
Die Förderung von journalistischem Nachwuchs ist wichtig und eine Aufgabe, die unsere Lokalradios auch gern in Kooperation mit Hochschulen erfüllen. So z.B. radio WAF in Kooperation mit der Uni Münster. Die im Netz emotional geführte Diskussion zeigt, wie stark sich der Nachwuchs mit seinem Campusradio identifiziert. Sehr gut! Schade nur, dass bei so vielen Emotionen die journalistische Sorgfaltspflicht, gerade bei dem Artikel von Daniel Fiene, auf der Strecke geblieben ist. Wenn er vor Veröffentlichung in seinem Blog offiziell bei beiden Seiten nach einer Stellungnahme gefragt hätte, hätte man sich viel Aufregung sparen können.
Um zu unterstreichen, dass wir Radio Q nicht schaden wollen, habe ich dem Vorsitzenden des Radio Q e.V., Benedikt Meyer, bei der Erstellung eines neuen Logos kostenlos unsere Unterstützung angeboten.“
Uwe Wollgramm
Geschäftsführung
audio media service
Ich habe Herrn Wollgramm angerufen und mich für die Stellungnahme bedankt und noch einmal darauf hingewiesen, dass ich keine journalistische Sorgfaltspflicht verletzt habe, da ich ja nur persönlich gebloggt habe. Im Nachhinein denke ich: Ich hätte vorher doch bei der AMS anrufen sollen. Stattdessen war mein Blog-Eintrag ja ein bisschen so, als hätte ich direkt eine Abmahnung geschickt.
Bill_Door meint
„Stattdessen war mein Blog-Eintrag ja ein bisschen so, als hätte ich direkt eine Abmahnung geschickt.“
Schöner Schlusssatz. Kommt langsam, aber gewaltig.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass das Abmahnwesen in Deutschland dringenden Reformbedarf hat, selbst wenn es in dieser Situation nochmal glimpflich ausgegangen ist.
Stephan Musholt meint
„So ist es auch im Fall von radio Q passiert. Der Vorsitzende des Trägervereins hat nach Eingang des Schreibens mit mir telefonisch Kontakt aufgenommen, und wir haben uns vernünftig geeinigt: Radio Q ändert sein Logo. Und wir verzichten auf Schadenersatzforderungen und Mahnkosten.“
Wenn ich das mal richtig stellen darf. So war das ganz und gar nicht. Diese vermeintliche Einigung kam nicht durch das Telefonat mit dem Radio Q-Vorsitzenden zustande, sondern erst auf Druck durch Prof. Hoeren, der sich in diesem Fall eingeschaltet hatte.
Und selbst diese Einigung ist eine erzwungene. Von mehreren Seiten (Juristen und Designern) wurden Radio Q gute Chancen eingeräumt, im Falle des Falles vor Gericht Recht zu bekommen. Argumente: Free Font, keine identische Schriftart, andere Farben, andere Designelemente, angewinkelter Schriftzug, usw. Nur kann sich Radio Q eine solche gerichtliche Auseinandersetzung nicht leisten. Deshalb kam es zu dieser „Einigung“.
Die Stellungnahme auch noch mit den Worten „Viel Lärm um nichts“ einzuleiten ist der Gipfel der Abgehobenheit! Für Herrn Wollgramm mag die Angelegenheit eine Nichtigkeit sein. Für Radio Q ist und war sie es nicht.
Marcel meint
„Verwechslungsgefahr“??? Ganz ehrlich, die beiden Logos hätte man bei 9 Live als neue Variante des Fehler-Such-Spiels verwenden können: Finde die Übereinstimmung. Mir ist die Ähnlichkeit der drei Buchstaben „r“, „a“ und „d“ jedenfalls erst aufgefallen, nachdem du im Text darauf hingewiesen hattest. Dass Hörer, Sponsoren und Werbekunden aufgrund der Logos auf eine Zusammengehörigkeit der beiden Sender schließen könnten, halte ich für völligen Quatsch.
50hz meint
Wow! Das ist ja der Klassiker. Marodierende Anwälte ungeprüft Abmahnungen verschicken lassen und wenn die Quittung kommt herumeiern und auf nicht journalistisch arbeitende Blogger schimpfen. Wie wäre es statt dessen mal mit mea culpa?
Gast meint
Man könnte doch das Beste aus der Situation machen und ein Wettbewerb für ein neues Radio Q Logo ausrufen.
Es finden sich bestimmt genug Leute die den Spass mtmachen und die besten 3 kriegen dann noch ne Kleinigkeit geschenkt.
PS: Ich verzichte auf alle Urheberrechte an dieser Idee. ;-P
Alex Wunschel meint
„Und wir verzichten auf Schadenersatzforderungen und Mahnkosten.“
Meine Frage: Was sind denn bitte „Mahnkosten“?
daniel meint
Hallo Alex,
zu den Unkosten schreibt die VISDP etwas: http://twiturl.de/gkaaeh (PDF) 🙂
Am Ende bleibt: Die AMS hätte einfach vor der Abmahnung mit Radio Q sprechen müssen – so geht man nicht mit Nachwuchs um.
Gruß, Daniel
50hz meint
Wieso eigentlich am Ende? Wenn stimmt, was Stephan Musholt schreibt – und warum sollte man daran zweifeln? – steht doch der eigentlich Brouhaha nun erst bevor.
Einmal mehr nutzt der wirtschaftlich Stärkere die unbefriedigende Rechtslage aus, um seine zweifelhaften Rechte durchzusetzen und versucht sich dann auch noch mit beschönigenden Aussagen aus der Affäre zu ziehen?
Das kann doch nicht alles gewesen sein.
Stefan meint
Wieso hätte man sich denn viel Aufregung sparen können? Wird die Aufregung denn jetzt geringer, nur weil man was, mit welchen fadenscheinigen Gründen die AMS vorher nicht bei Radio Q angerufen und versucht hat, die Angelegenheit auf menschlichem Weg zu regeln? Überhaupt nicht! Dass sich die AMS nicht öffentlich zu einer solch öffentlichen Sache äußern will, zeigt ja, dass es ihr doch ein wenig unangenehm sein muss, wie sie vorgegangen ist.
Sarah meint
Ja, super Schluss 🙂
Ich finde es ziemlich zynisch in dem Vergleich von Radio Q und der AMS von „fragilen Lokalradios“ zu sprechen und ernsthaft die wirtschaftliche Schädigung anzusprechen. Was ist denn mit dem fragilen, ehrenamtlichen Campusradio? Vor allem wenn man bedenkt, dass die finanziellen (Nicht-)Mittel von Radio Q hier die Entscheidung herbeigezwungen haben.
Sarah meint
Ach ja:
@Gast
Das ist natürlich eine gute Idee, aber neben der „Suche“ nach einem neuen Logo kommt auf Radio Q auch noch anderer Arbeitsaufwand zu, in dem das neue Logo überall eingepflegt werden müsste. Für ein professionelles Radio nicht so schlimm, für ein Campusradio schon eher.
Ulrike Langer meint
Wenn es sich beim beanstandeten Schriftzug um einen Free Font handelt, dann scheint mir das eigentliche Problem darin zu liegen, dass sich die AMS von einer Agentur gegen Geld einen Font hat „entwickeln“ lassen, den sie fast identisch auch hätte umsonst haben können. Selbst wenn der Free Font später kam: Dafür kann man wohl höchstens die Anbieter des Free Fonts haftbar machen, aber nicht die Nutzer.
sizecke meint
Also so ein Schwachsinn, was der Kollege W. da verzapft. „Fragile Lokalradios“ – hier in Bi steht die Neue Westfälische, der absolute Markt- und Meinungsführer dahinter. Und tönen die Lokalradios nicht bei jeder Reichweitenanalyse, wie dick sie im Geschäft sind. Vielleicht sollte man einfach mal den Werbepartnern diese Selbsteinschätzung des Herrn W. zukommen lassen.
Mal abgesehn davon, dass das Logo der Lokalradios so was von schnarchnasig daher kommt, dass nur Senioren-Bürgerfunker dieses imitieren würden. (Die „Grafik-Design Agentur“ gestaltet wahrscheinlich sonst die Treppenlift-Anzeigen in der Prisma). Und bitte warum sollten Campusradios (vielleicht mit Ausnahme des Senders, der vom jetzigen „Medienmitarbeiter“ des CDU-Hochschul- und Medienbrains Michael Brinkmeier mit gegründet wurde) das tun, was W. impliziert, nämlich dass sie „ganz bewusst und unberechtigt die Logos unserer Lokalradios öffentlich genutzt haben, um für sich einen Vorteil zu erzielen“. Ha, ein Campusradio zieht seinen Vorteil daraus sich vom Dudelfunk abzugrenzen!
Aufregung 2.0 meint
>>Deshalb haben wir von einer Grafik-Design Agentur den Schriftzug radio exklusiv für uns entwickeln lassen.
Ach, scheint ja ausgesprochen exklusiv gewesen zu sein, wen man diese Exklusivität durch Verwendung einer freien Schrift (zumindest für r, a, d) gleichfalls erreichen kann …
Andere (http://www.zeitgleiter.org/post/1/459) schreiben/behaupten dazu sogar:
>RadioQ hat sich einen fetten Bock geschossen und den Typo (Schriftart) der ostwestfälischen Senderkette AMS geklaut!<
Jeder blamiert sich halt so gut er kann …
Rick meint
Wie schön wäre es, zu sammeln, um Radio Q den Rechtsstreit doch noch zu ermöglichen… 😉
tommi meint
es ist und bleibt unglaublich: da werden abmahnanwälte auf unser campusradio losgelassen, weil radiobetreiber und anwälte hier ein gemeinsames interesse haben: kasse machen, mal mit plattem programm und viel werbung, mal mit überzogenen gebührenforderungen. eine verwechslungsgefahr zu sehen, nur weil eine ähnliche schriftart verwendet und „radio“ korrekt geschrieben wird, ist haarsträubend! aber vielleicht hat das ganze auch ein gutes: ich fand das alte logo (blau mit fettem Q in der mitte) immer besser als das neue. nehmt das doch wieder 😉
Ingolf meint
Nach mehrtägiger Lektüre des ganzen.. Ich bin für sammeln & klagen. Und es wird sich doch wohl auch eine Kanzlei finden die es sich leisten kann und will, hier eunzusteigen.
Falk D. meint
@Ingolf (IANAL) Markenrecht ist ein durch Richterrecht gewachsenes System und es gibt Zivilkammer, die hierbei immer wieder unangenehm auffallen. Die maßgeblichen Begriffe bei Bild-/Wortmarken „Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks“ und „absolute Unähnlichkeit der Zeichen“ zeigen schon an, dass die Maßstäbe in ihrer Dehnbarkeit einem frischen Kaugummi in nichts nachstehen.
Ich selbst habe als 5%-Partner miterlebt wie man da ganz großen Schiffbruch erleiden kann, obwohl die Unternehmen absolut branchenfremd und die Ähnlichkeit an den Haaren herbeigezogen waren. Nebenbei gilt dann auch noch Anwaltspflicht und man findet manchmal in der Tat gar keinen Anwalt, der einen vertritt, wenn man nicht einen 82 Jährigen Ruheständler wiederbeleben kann. Wenn man also nicht der große Konzern oder RobinHood des Markenrechts sondern das an Mitteln knappe Studentenradio ist, übt man als in Abmahnistan ansässige Organisation Vorsicht. Diese ließ RadioQ vermissen.
Markenrecht und Abmahnung an sich bedürfen natürlich auch der Überholung, da sich letztere in ihrer Wirkung von dem Ziel, das mildere Mittel gegenüber dem Prozess zu sein, mittlerweile immer weiter entfernt und beim anderen bedarf es echter nachvollziehbarer Normen, damit ein besonders sparsamer Schuhladen nicht aufgrund der regionalen Vorsilbe von einer Systemgastronomiekette zu Grunde gerichtet werden kann oder jeder Konzern meint, ganze Schriftenfamilien oder primäre Druckfarben für sich alleine zu beanspruchen.
Davon abgesehen ist es sicher nicht sonderlich diplomatisch eine Abmahnung als erste Kontaktaufnahme zu wählen, aber da kann ich durchaus Gründe für das Vorgehen der AMS-Anwälte nachvollziehen.