Es weht wieder ein frischer Wind durch die deutsche Netzgemeinde. So wie 2007, als alle erst leicht verzweifelt, aber dann höchst fasziniert Twitter ausprobierten. Nur dieses Mal geht es um die App Snapchat. Im letzten Herbst habe ich diese Phase bereits in den USA während meines Besuchs erlebt. Jetzt hat sie auch Deutschland erreicht.
Ich finde es schön zu sehen, wie sich sehr viele gerade auf Snapchat ausprobieren und Tag für Tag ihre eigenen Geschichten erzählen. Nehmen wir zum Beispiel Daniel Bröckerhoff, Moderator von „Heute Plus“ beim ZDF. Für eine Woche hat er ein Snapchat-Tagebuch geführt. Am Anfang noch höchst skeptisch, am Ende stand fest: Sein Experiment setzt er fort. Irgendwie. Der Zuspruch war zu gut.
“hnliches erlebe ich auch gerade. Ich dokumentiere gerade meine US-Reise. Wenn ihr Snapchat installiert habt, könnt ihr mir gerne über die Schulter schauen, wenn ihr nach dem Nutzernamen „danielfiene“ sucht. In den nächsten Tagen bin ich wieder in Austin auf der South-by-Southwest Interactive und ich ahne es schon jetzt: Snapchat wird die App des Jahres. Der Unterschied zu den Trend-Apps der letzten Jahre: In den USA ist sie schon massiv im Einsatz. Da man die App aber am Besten lernt, wenn man jemanden bei der Benutzung über die Schulter schauen kann (hier in den USA spricht man vom „Schulhof-Effekt“), werden noch viel mehr Deutsche bei Snapchat einsteigen. Dazu bietet sich gerade auch ein sehr guter Zeitpunkt.
Was toll ist. Ich liebe gerade diese Aufbruchstimmung. Viele Snapchat-Neugierige probieren sich aus. Wir sind noch in der typischen „Ich erzähle mal, was ich gerade mache“-Phase. So ging es mit Twitter und anderen Diensten auch los. Viele sind auch völlig uneitel und snappen einfach drauf los.
Was nervt. Die Begrüßung „Hallo Snapchat“ kann ich nicht mehr hören. Mal ehrlich? Geht euch das nicht auch auf den Zeiger? Okay, mir rutscht sie auch immer mal wieder raus aber schon beim Ansehen nerve ich mich damit selbst. Das lässt sich ändern, aber kommen wir zum noch größeren Nervfaktor: Derzeit sind mir viele Snapchat-Geschichten zu inkonsequent. Die typische Geschichte geht ja so: Mit großem Elan wird das anstehende Event, welches auf Snapchat verewigt (äh vertäglicht müsste man eher sagen) werden soll. Man dokumentiert den Weg dorthin – jede Bushaltestelle wird gesnapt. Prompt fängt das Event an, kommt nix mehr. Erst in der Pause gibt es einen Zwischenstand. Und hier kommt oft nicht mal eine Zusammenfassung, was beim angekündigten Event passierte, sondern eine Erschöpfungs-Meldung. Ich behaupte mal, dass 80% aller Snap-Geschichten so aufgebaut sind. Das ist doch öde. Habt ruhig mal das Selbstvertrauen und snapt auch während eines Events auch wenn Leute um euch herum sind. Eure Zuschauer werden es euch danken. Und ich auch.
Was eine Herausforderung ist. Einen Teil unserer kleinen RP-Silicon-Valley-Tour haben wir mit Lina Timm vom Media Lab Bayern absolviert (Ihre Snaps kann ich nur sehr empfehlen – Nutzername: luisante285) und da haben wir beide schon gemeinsam festgestellt: Vor allem leidet Twitter! Dinge die wir beide bisher auf Twitter gepostet haben, landen jetzt bei Snapchat. Unsere Timelines werden leerer. Für mich ist es eine Herausforderung, alle meine Lieblingsnetzwerke ordenlich zu bedienen. Ich bin nach wie vor ein großer Fan von Foursquare – aber wie oft habe ich in dieser Woche einen Checkin einfach vergessen. An ein Foto für Facebook oder Twitter muss ja auch gedacht werden. Wenn ich gerade etwas tolles sehe, muss ich mich entscheiden: Mache ich ein Foto mit der Snapchat-App, oder mit der normalen Foto-App (für Twitter oder Facebook)? Das ist alles gar nicht so einfach. Langfristig wird irgendein Dienst auf der Strecke bleiben, wenn man es vernünftig machen möchte. Und dann denkst du, dass du an alles gedacht hast und dann vergisst du am Abend, deine Snapchat-Geschichte zu speichern und dann sie die Eindrücke von deiner Reise nach 24 Stunden weg .
Auf der anderen Seite habe ich bei meiner Reise festgestellt, dass ich sehr viel Spass an meinen Periscope-Videoübertragungen habe. Die kurzen Live-Übertragungen von unterschiedlichen Orten und die Unterhaltungen mit den Zuschauern machen mir großen Spaß. Bei meinem Fußmarsch durch San Francisco haben über 220 Leute eingeschaltet. Als ich aus meinem Apartment aus Marina del Ray in Los Angeles sendete, meldete sich auch ein anderer Periscope-Nutzer, der in der gleichen Nachbarschaft wohnt, eine Nutzerin mit dem ähnlichen Namen „Marina del Ray“ und ein Musik-Blogger, der aus der gleichen Ecke kam, aber jetzt in Portland lebt. Das sind so die Momente, die wirklich cool waren und ich bin mir sicher, dass ich in den kommenden Tagen weiter viel periscopen und snappen werde. In Sachen Snapchat habe ich für die Deutschen in Austin auch eine kleine Überraschung.
So bleiben wir verbunden:
Snapchat: Fotos und kurze Videos mit Eindrücken von der South-by. Ihr findet mich unter dem Nutzernamen: danielfiene.
Periscope: Meine Live-Streams von coolen Momenten aus Austin könnt ihr direkt in der App mitbekommen, wenn ihr nach meinen Namen sucht und mir folgt. Über Twitter weise ich aber auch auf die Live-Streams hin.
Twitter: Weiterhin mein wichtigster Hub, in dem fast alles zusammenläuft. Live-Streams, Fotos und Links zu vertiefenden Infos. http://twitter.com/fiene
Blog: Im „RP Zeitgeist„-Blog werde ich mit den Kollegen fortlaufend Berichten. Dort gibt es Blogpostings mit Eindrücken und neuem Wissen von der South-by-Southwest Interactive.
See you in Austin!
Marco meint
Hallo Daniel,
Danke, dass du die Anrede „Hallo Snapchat“ angesprochen hast. Sie nervt einfach nur.
Zum Thema mehrere Netzwerk gleichzeitig bedienen : Das wird nicht funktionieren. Der Mensch ist nun mal nicht für das Multitasking gemacht. Da muss ich einfach Prioritäten setzen. Wenn es dir dabei um die Nutzerbindung geht: Da sollte man sich nicht so viele Gedanken machen. Ich denke, jede sollte sich auf seine Stärken konzentrieren. Nicht jedem den ich bei Snapchat folge, folge ich auch bei Twitter.