Jetzt ist die SXSW Interactive ein paar Tage her und ich möchte doch noch ein kleines Fazit ziehen. Warum die Highlight-App zwar faszinierte, aber nicht abhob, warum es kein „nächstes gro?es Ding“ gab und warum die South-by trotzdem eins der besten Events rund um Netzkultur bleibt.
Kurz vor dem Event hatte ich Tech-Journalist und Medienunternehmer Leo Laporte, dessen Podcasts This Week in Tech und This Week in Google ich bewundere, in seinen Studios im Norden von San Francisco besucht. Er hat mir erzählt, dass er nicht nach Texas fahren wolle, weil es dort kaum News aus dem Tech-Business geben würde und das nächste gro?e Ding im Netz dort sowieso nicht mehr zu finden sei. Inzwischen würden alle versuchen, ihre App als das nächste gro?e Ding zu positionieren. „Bei diesem gro?en Grundrauschen kann sich keine App von der Konkurrenz abheben“, so Laporte. „Selbst Highlight wird es schwer haben.“
Kein gro?es Werbeding bei der SXSW: Highlight klebt ein Logo auf einen Einkaufswagen und verteilt Wasserflaschen
Und Highlight hatte es schwer! Schon in New York hatte ich die App installiert, um sie zu testen. Ich erwartete nicht, auf Freunde hingewiesen zu werden, war aber gespannt, welche neuen Leute mir Highlight in meiner Umgebung vorstellen würde. So ist mir eine Tech-Journalistin von CNN Money vorgestellt worden (sie sah gut aus, besuchte gerade neben an das Fitnesstudio). Sie war nicht die einzige Kollegin, die mir Highligt vorstellte. Zunächst war ich enttäuscht, denn man will ja nicht immer nur Leute aus dem eigenen Nest kennen lernen (Filterbubble), nur weil man die gleichen journalisten Dinge auf Facebook liked. Ich habe aber festgestellt: Mit den meisten Kontakten hatte ich ganz andere Dinge gemeinsam „geliked“. Tina Feys 30 Rock, Mashable und Mad Men. Verrückt.
Jedes Event hat seinen Zyklus. Auch wenn es jedes Jahr Kritk gibt, glaube ich, dass die SXSW Interactive ihren Zenit noch nicht erreicht hat. Vielleicht entstehen die enttäuschten Stimmen nur, weil die Kritiker mit den falschen Erwartungen nach Texas gefahren sind (oder gleich zu Hause geblieben sind).
Die SXSW wird nur so gut, wie du sie dir zusammenbaust. Denn: SXSW bedeutet nicht, hingehen, zwischen a, b oder c auswählen, beschallen lassen, Getränk gereicht bekommen, quatschen und abends Party. SXSW bedeutet Arbeit. Parallel finden Veranstaltungen im hohen zweistelligen Bereich statt. Abends schmei?t jede Digital- oder Web-Marke eine eigene Party („Wie ist es bei der Yahoo-Party? … gut, dann gehen wir eben zum Skype-Event“ oder „Hast du gehört? Kara Swisher gibt eine eigene Party!“).
Das wirkliche Highlight der SXSW waren für mich in diesem Jahr die Persönlichkeiten. Die Keynote-Sprecher waren durchweg klasse. Wann hat man schon mal die Möglichkeit Ex-US-Vizepräsident Al Gore und Napster-Gründer Sean Parker im Zwigespräch zu erleben? Wann stellt man schon mal fest, dass gerade der Twitter-Gründer spricht, wenn man sich zur Erholung einfach in einen zufällig ausgewählten Saal setzt? Diese Eindrücke sind unbezahlbar. Sie füllen die Schlagzeilen, die man das Jahr über liest, beurteilt und weiter berichtet, nicht nur mit Hintergrund, sondern auch mit Leben.
Die SXSW Interactive ist so gro?, dass dem Event die Kritik abperlt, es gebe kaum News und schon gar nicht mehr das nächste gro?e Ding. Die Besucher starten, beobachten und beenden Diskussionen, die sie aus dem Netz kennen, entdecken oder dort fortführen; und die ganze Zeit umweht ihre Nasen ein bisschen Wind, wohin die Reise geht.
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