Anatomy of a Design Decision von Jared M. Spool (User Interface Engineering) (Programm)
Herr Spool ist ein gemütlicher Durschnitsamerikaner. Kahler Kopf, unauffällige Brille, lockeres Hemd und eine Hose, die viel zu hoch gezogen ist. Wie ein Designhipster sieht er nicht aus. Trotzdem muß er auf der SXSW von Jahr zu Jahr größere Hallen füllen – die Leute lieben seine Userinterface-Design-Vorträge. „Puh, ich dachte, in diesem Jahr sind nur 30 Leute in diesem Raum“, grinste er und legte los. Zunächst habe ich etwas Theorie und später ein paar ekelige Webdesignbeispiele. Freut euch!
Oben im Bild seht ihr eine Vortragsillustration, die Putorti photographiert hat. Alle größeren Vorträge wurden in diesem Stil „mitgezeichnet“ und hinterher ausgestellt. Ich muß da einmal eine Lanze brechen: Wir sind da in Deutschland viel weiter – besonders wenn man sich die Arbeiten von Anna Lena Schiller anschaut! (Es gibt sie auch bei Twitter.) Zurück zu J.M. Spool, der übrigens auch ein lebhafter Twitter-Nutzer ist.
Mediziner haben Designer etwas voraus – sagt Spool. Seitdem das echte Grey’s Anatomy veröffentlicht wurde, gab es einen Namen für jedes Körperteil und seitdem konnten die Mediziner sich sehr genau austauschen und kommunizieren. Designer haben kein so genaues Vokabular für ihre Arbeit und deswegen schlägt Spool eine genaue Unterscheidung verschiedener Designtypen vor. Schließlich geht es beim Designen vor allem auch um das Treffen von Entscheidungen. Und hier können verschiedene Typen vorgefunden werden.
1. Unintentional design
Auf diese Designtyp stoßen wir viel zu oft. Hier basiert das Designs auf die Architektur des Bildschirms und nicht auf den Output. Entsprechend hoch ist der Frustrationsgrad der Nutzer („Wo muß ich jetzt klicken?“). Damit ein Gestalter auf die nächste Stufe gelangt, muss er ganz einfach: Das Produkt selbst nutzen (und dann viele, harte Arbeit in das Design stecken)!
Wenn man den Fokus auf Komplexität und einfache Nutzung legt, dann entsteht:
2. Self design
Jason Fried von 37signals ist hier das Musterbeispiel. Er gestaltet seine Produkte nur so, wie er sie benutzen würde. Das funktioniert besonders gut, wenn man selbst zur Hauptzielgruppe gehört. Hierbei darf man aber nicht aufhören, das Produkt selbst jeden Tag zu nutzen, um Frustrationspunkte weiter zu eliminieren.
Wenn man für Nutzer in einer anderen Zielgruppe designt, dann entseteht:
3. Genius design
David Poteet of New City Media ist hier das Musterbeispiel. Seine Firma hat sich auf Webseiten von Bildungseinrichtungen spezialisiert. Sie sprechen mit den verschiedenen Zielgruppen der Webseiten (Lehrer, Schüler, Studenten, Eltern, Alumni, Partner …) und bauen sich von Projekt zu Projekt einen immer größeren Wissenschafts auf, von dem auch die folgenden Projekte profitieren. So können wichtige Designentscheidungen getroffen werden.
Wenn man für etwas designt, was man noch nie zuvor designt hat, dann entstecht:
4. Activity focused design
Hier geht es um neue Aktivitäten und neue Nutzer, für die wir ein Design erstellen. Aber mit dieser Stufe gibt sich Spool nicht zufrieden, da zwischen den Aktivitäten Lücken entstehen, und die müssten aufgefüllt werden. Dann entsteht:
5. Experience focused design
Spool sagt, dass sich gute Designer mindestens zwei Stunden alle sechs Wochen Zeit nehmen müssen, um die Leute zu beobachten, wie sie deren Design nutzen. Diese Erkenntnisse seien unbezahlbar. Diese fünf Typen vertieft Spool auch in seinem Blog.
Sehr gut fand ich Spools Exkurs in Sachen Site Guidelines. Die gibt es ja eigentlich immer bei großen Webseiten oder Seiten-Netzwerken, wie zum Beispiel bei Universitäten. Er fragt: „Was soll eine Regel wie ‚#17 Die Suchbox hat immer oben rechts zu sein'“. Aus Spools machen Empfehlungen mit Vorlagen oder Baukasten-Elementen mehr Sinn.
Spool regt an: Sagt künftig doch nicht einfach nur, das ist ein gutes oder ein schlechtes Design. Diskutiert auch über die Entscheidungen, die hier getroffen wurden. Klar – wo viele Entscheidungen getroffen werden, können ein paar auch in die Hose gehen, wie die folgenden aktuellen Beispiele zeigen.
Nicht alle sind so aufgeräumt, wie die Startseite von The New York Times. Wir kennen Etsy.com als ordentliche Verkaufswebseite. Die kann man aber auch wie auf www.arngren.net gestalten:
Auch schön – LingsCars.com:
Oder yvettesbridalformal.com (Tipp: Sound am Computer vorher ausschalten):
Oder georgehutchins.com
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