Welche Rolle haben soziale Netzwerke in den letzten Wochen des social distancing gespielt? In der Zeit, als die Gesellschaft ihr Leben im Turbo-Modus digitalisierte? Die Antwort fällt ernüchternd aus: Sie haben keine Rolle gespielt.
Es war die Stunde der Video-Anbieter (Zoom, GoToMeeting, Facetime, Houseparty) und kollaborativer Arbeitsplattformen (Slack, Microsoft Teams) — aber über soziale Netzwerke haben wir nicht gesprochen. Es sei denn, es ging um den Kampf gegen Fake News.
Wenn man ein wenig darüber nachdenkt, wären in der Theorie soziale Netzwerke prädestiniert dafür, den neuen Alltag ihrer Nutzer zu unterstützen. Vor der Coronapandemie feierten sie sich, die Nutzer digital näher zusammenzubringen. Jetzt während der Pandemie sind keine neuen Anwendungsfälle aufgefallen, nach denen die Menschen stärker greifen oder die eine signifikante neue Rolle in ihrem Alltag spielen.
Jetzt die Überraschung. Facebook macht auch einen auf Zoom.
Mark Zuckerberg und sein Management muss die gleiche Beobachtung gemacht haben. Hinter den Kulissen gab es eine neue Marschrichtung. Zuckerberg hat in den letzten Wochen den Fokus auf drei Bereiche konzentriert. An erster Stelle stehen Video-Konferenzen. Er bezeichnet sie als „remote presence“-Anwendungen:
The three big areas that I’m very focused on right now are basically the products that are helping people stay connected better. I’m very focused on remote presence: being able to feel like you’re with a person even when you can’t physically be there. And then the small business work and the acute health response.
Mark Zuckerberg in einem Video-Call (Zoom?) mit Casey Newton
Die ersten Ergebnisse hat Facebook jetzt angekündigt. Die neuen Funktionen werden Stück für Stück international ausgerollt:
- Bei WhatsApp können jetzt bis zu acht statt nur bis zu vier Personen an einen Video-Chat teilnehmen.
- Bei Facebook Live kann ein Broadcaster künftig auch eine weitere Person dazu schalten (Auch der Spenden-Knopf wird für Livestreams freigeschaltet).
- Instagram Livestreams sind künftig auf dem Desktop verfügbar und können sowohl bei IGTV als auch in den Stories gespeichert werden.
- Messenger Rooms: Bis zum 50 Teilnehmer können per Webcam beitreten. Die Admins können die Rooms öffentlich oder geschlossen halten. Zunächst ist das Produkt über Facebook und Messenger erreichbar. Perspektivisch soll es auch eine Anbindung zu Instagram Direct und WhatsApp geben.
Mein Eindruck: Unter dem Motto „remote presence“ sind spannendere Angebote möglich. Facebook will mit diesen Ankündigungen signalisieren, das Thema Video-Telefonie nicht ganz verschlafen zu haben. Auf mich wirkt es aber nach der Botschaft „Hey, wir sind auch noch da“.
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