Ja, in dieser kleinen Was-können-Blogs-alles-sein-und-leisten-Refexionsserie habe ich schon über Kottke.org geschrieben. Aber einen Aspekt möchte ich mir noch einmal genauer anschauen. Und ich will noch jemand Streber nennen. Zwei gute Gründe also.
Ich freue mich immer, wenn die skizzierten Kurz-Comics auf Kottke.org gepostet werden. Die kommen von Edith Zimmermann und das bedeutet: Sie übernimmt das Blog. Immer dann, wenn Jason ein paar Tage unterwegs oder offline sein möchte. Oder immer dann, wenn Donnerstagnachmittag ist. Und wenn Edith auch nicht kann, gibt es noch weitere Gast-Blogger, die Jason Kottkes Blog pflegen.
Eine Vertretung für das eigene Blog? Was für ein Streber, dieser Kottke. Ein Streber, der sich seiner zahlenden Leser*innen-schaft verpflichtet fühlt. Denn sein privates Blog ist sein Hauptjob, und das Geld kommt über Memberships rein. Ich glaube, ich habe hier im Blog noch niemanden als Streber dieser Größenordnung bezeichnet. Vermutlich bin ich aber auch nur ein wenig neidisch. Weil ich an die langen Durststrecken in meinem Blog-Artikel denke. Weil Vertretungen fancy sind. Wobei: Wenn ich als Podcast-Host Urlaub mache, dann habe ich in der Regel auch eine Vertretung. Warum machen wir das eigentlich nicht viel konsequenter bei der Darstellungsform Text? Im Sommer und zwischen den Jahren habe ich mehr Zeit zu lesen – und was ist? Meine Lieblingsnewsletter machen Pause. Warum nicht mal jemand anderes ans Ruder lassen?
Mit diesem Podcast-Host und Newsletter- / Blog-Herausgeber-Vergleich sind wir schon mitten im Thema: Ich glaube wir können mehr aus unseren Blog rausholen, wenn wir uns nicht als Artikel-Autoren verstehen, sondern als Gastgeber. Als Hosts. Ähnlich wie beim Podcast. Gute Hosts geben den Zuhörenden das Gefühl, dass sie mit am Tisch sitzen – und nicht einfach nur Zaungäste sind. Sie bedienen Companionship und je ausgeprägter das zum Hörer ist, desto stärker nutzt er das Angebot. Jede Ausgabe dabei, kennt die Zeit der Veröffentlichung oder Aufzeichnung. Das Format wird zur Mediengewohnheit – wer will schon Zeit mit den „eigenen“ Freunden verpassen.
Wenn Edith auf kottke.org bloggt, dann ist meine Lesestimmung eine andere. Es mag an den Comics liegen, an ihrem Schreibstil oder ihrer Themenauswahl. Und genau das mag ich. Diese erzeugte Stimmung sorgt für eine kommunikative Ebene. Vielleicht sogar für ein Community-Gefühl. Genauso, wie man sich als Podcast-Hörer bewusst ist, dass man nicht alleine hört – sondern mit ganz vielen anderen. Wenn auch zu anderen Zeiten.
Kein Wunder, dass Jason Kottke an Position 2 seiner Startseite die Box mit den neusten Kommentaren sehr prominent platziert. Denn: So wird die Leserschaft, die Community sichtbar. Und wer etwas gerne nutzt, will dann natürlich Teil der zugehörigen Community sein. Nicht unwichtig für ein Membership-Geschäftsmodel.
Was ich beobachtet habe: Jason und Edith setzen als Host hier und da auf eine direkte Ansprache, (es folgt eine Floskel die ich hasse, sorry) holen ihre Lesenden zum Thema ab („Wenn ihr auch Angst vor zu viel Lauftraining habt, dann habe ich hier eine schöne Lektüre“) und setzen vor allem auf ganz kurze Beiträge. Ich finde die Bindung funktioniert mit den kurzen Postings viel besser – auch wenn man als neuer Leser einen Halbsatz vielleicht nicht versteht, weiß man: Wenn ich regelmässig wieder komme, bin ich im Thema drin. Je länger der Text, desto stärker komme ich in eine Lesehaltung, die mehr weniger gibt.
Ein Blog zu hosten statt zu schreiben – das ist für mich nicht nur ein Ziel, sondern eine Pflichtübung als Blogger, wenn man nicht nur einfach seine Texte ins Internet ablegen möchte, sondern rund um die Publikation eine Wirkung sichtbar werden soll und auch noch Raum da ist, damit etwas neues entsteht.
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